Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe ist aber in der Praxis entscheidend für die Beurteilung, ob eine im Strafregister aufscheinende Vorstrafe vorliegt oder ob die Möglichkeit für die Erbringung von gemeinnützigen Leistungen besteht. Der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ist daher bereits in der Hauptverhandlung entsprechend große Bedeutung beizumessen. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe kann sonst nur im Wege eines Rechtsmittels angefochten werden.
Das Sanktionssystem im Finanzstrafrecht unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom jenen im allgemeinen Strafrecht / Strafgesetzbuch (StGB). Während das StGB eine Geldstrafe in der Regel als Alternative zur Freiheitsstrafe vorsieht, werden im Finanzstrafrecht primär Geldstrafen verhängt. § 20 Abs 1 FinStrG normiert, dass das Gericht neben der Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe - für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe - zu bemessen hat. Die Bemessung einer Ersatzfreiheitsstrafe kommt auch bei jugendlichen Finanzstraftätern und im verwaltungsbehördlichen Verfahren vor einem Einzelbeamten in Frage. Der Finanzstraftäter hat keine Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er die Geldstrafe bezahlt oder lieber die Ersatzfreiheitsstrafe antritt.
Bei der Bemessung der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe sind grundsätzlich die allgemeinen Strafbemessungsregelungen des § 23 FinStrG zu beachten. So ist auf die Umstände des Einzelfalls zu achten. Hierzu zählen das Ausmaß der Schuld des Finanzstraftäters unter Berücksichtigung von Erschwerungs- und Milderungsgründen. Diese können sich auf die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe auswirken. Laut Rechtsprechung ist die geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Finanzstraftäters dabei nicht zu beachten – die Ersatzfreiheitsstrafe wird ja gerade für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzt (BFG 22.09.2014, RV/5300039/2012).
Das Finanzstrafrecht sieht eine Zweiteilung der Zuständigkeit für Finanzstrafverfahren vor, und zwar in verwaltungsbehördliche und strafgerichtliche. Ob ein verwaltungsbehördliches oder strafgerichtliches Verfahren geführt wird, hängt vom strafbestimmenden Wertbetrag ab. Strafgerichte sind bei vorsätzlich begangenen Zollvergehen bei Überschreiten eines strafbestimmenden Wertbetrags von EUR 50.000, bei sonstigen vorsätzlichen Finanzvergehen bei Überschreiten eines strafbestimmenden Wertbetrags von EUR 100.000 zuständig (§ 53 FinStrG).
Diese Zweiteilung ist auch für das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe von Relevanz. Bei der Berechnung der Ersatzfreiheitsstrafe sieht das FinStrG lediglich Obergrenzen für verwaltungsbehördliche und strafgerichtliche Finanzstrafverfahren vor (§ 20 Abs 2 FinStrG). § 20 Abs 2 FinStrG sieht folgende Staffelung des Höchstmaßes vor:
Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe besteht keine Untergrenze, so können auch Strafen von weniger als 24 Stunden vollzogen werden (BFG 14.07.2022, RV/3300006/2019; BFG 19.03.2019, RV/7300003/2019). Erst jüngst entschied das BFG, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden zulässig ist (BFG 14.07.2022, RV/3300006/2019).
Im StGB gibt es einen festen Umrechnungsschlüssel von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe für zwei Tagessätze (§ 19 Abs 3 StGB). Dagegen ist im Finanzstrafrecht kein fester Umrechnungsschlüssel vorgesehen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird in Tagen, Monaten oder Jahren bemessen. Unter Umständen sogar auch nach Stunden. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH besteht aber kein zahlenmäßig festzulegendes Verhältnis von Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe (vgl OGH 13.02.2019, 13 Os 141/18m). Das bedeutet, dass beispielsweise 100.000 Euro Geldstrafe nicht zwingend in eine bestimmte Anzahl von Monaten von Ersatzfreiheitsstrafe umzurechnen ist. Vielmehr unterliegt die Festsetzung der Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe dem richterlichen Ermessen bzw dem Ermessen des Organs der Finanzstrafbehörde. Die Ermessensentscheidung hat sich lediglich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen zu bewegen.
Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass - innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze - ein bestimmtes Verhältnis zwischen der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestehen müsse. Jedoch kann aus der allgemeinen Spruchpraxis eine „indirekte“ Proportionalität zwischen Geld- und Freiheitsstrafe – als Durchschnittswert – abgeleitet werden (vgl UFS 21.12.2004, FSRV/0010-L/04).
Anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe besteht auch die Möglichkeit, dass der Finanzstraftäter gemeinnützige Leistungen erbringt. Diese Möglichkeit besteht nicht nur im strafgerichtlichen Finanzstrafverfahren (§§ 3, 3a StVG), sondern auch im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren (§ 179 Abs 3 FinStrG). Dabei entsprechen vier Stunden gemeinnützige Leistungen einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe.
Wird die Geldstrafe nicht gezahlt, droht dem Finanzstraftäter der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe. Auf Zahlungsaufforderungen und möglichen Aufforderungen zum Strafantritt sollte jedenfalls reagiert und ein fachkundiger Rechtsanwalt konsultiert werden.
Unter Umständen besteht sogar die Möglichkeit einen drohenden Vollzug zu verhindern, indem zeitgerecht eine Zahlungserleichterung beantragt wird (§ 172 Abs 1 FinStrG). Jedoch werden diese nur unter bestimmten Voraussetzungen bewilligt. Für die Gewährung einer Zahlungserleichterung, muss die sofortige oder sofortige volle Entrichtung der Geldstrafe für den Bestraften eine erhebliche Härte darstellen.
Als Zahlungserleichterung kommt einerseits eine Stundung in Frage. Dadurch ist der aushaftende Betrag zu einem späteren Zeitpunkt zu zahlen. Alternativ kann eine Ratenzahlung vereinbart werden.
Damit es nicht zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe kommt, muss die getroffene Vereinbarung hinsichtlich einer Zahlungserleichterung auch eingehalten werden. So ist auch hier die pünktliche Entrichtung des Betrages bzw der vereinbarten Raten unbedingt zu beachten..
Des Weiteren können Geldstrafen durch eine Insolvenz nicht abgeschüttelt werden, sondern sind entweder zu bezahlen, abzusitzen oder durch gemeinnützige Leistungen abzuarbeiten.
Eintragungen in das sogenannte „Finanzstrafregister“ im Sinne des §§ 194a ff FinStrG erfolgen zum Zwecke der Evidenthaltung von verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren. Ist hingegen das Gericht zuständig, kommt es zur Eintragung ins Strafregister gemäß Strafregistergesetz.
Eine rechtskräftige finanzstrafrechtliche Verurteilung hat nicht nur die Geldstrafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe zur Konsequenz, sondern auch die Eintragung im Finanzstrafregister oder Strafregister.
Im Finanzstrafregister, welches vom Amt für Betrugsbekämpfung geführt wird, werden alle verwaltungsbehördlichen Verurteilungen wegen eines Finanzvergehens eingetragen. Darin scheint nicht nur die Geldstrafe auf, sondern auch die Ersatzfreiheitsstrafe. Eine Eintragung im Finanzstrafregister kann ebenfalls zu Konsequenzen wie den Entzug einer Gewerbeberechtigung mit sich tragen.
Strafgerichtliche Verurteilungen wegen eines Finanzvergehens werden im Strafregister angeführt. Rechtskräftige Verurteilungen von Verbänden werden in einem eigenen behördeninternen Register zentral bei und von der WKStA geführt, welche auch für Auskunftsverlangen zuständig ist (§ 89m GOG).
Sieht die strafgerichtliche Verurteilung eine Geldstrafe vor, wird diese nur dann im Strafregister angeführt, wenn die Ersatzfreiheitsstrafe mehr als drei Monate beträgt. Nur in diesem Fall können Verurteilungen in Folge eines strafgerichtlichen Finanzstrafverfahren als Vorstrafe im Strafregisterauszug aufscheinen. Sollte es keine Eintragungen geben, wird eine Negativbescheinigung ausgestellt.
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