Mit dem Finanz-Organisationsreformgesetz (idF „FORG“) BGBl I 2019/104 wurde mit Wirkung ab 01.01.2021 die Steuer- und Zollverwaltung in Österreich neuorganisiert. Für Finanzstrafverfahren ist dies insoweit relevant, als es bundesweit ab diesem Zeitpunkt nur noch zwei Finanzstrafbehörden gibt:
Bei Eingaben ist sohin darauf zu achten, sich nur mehr an diese Finanzstrafbehörden zu wenden (etwa bei Anträgen auf Akteneinsicht oder bei Selbstanzeigen, falls man diese direkt bei der Finanzstrafbehörde einbringen möchte).
Auf das Amt für Betrugsbekämpfung (im Folgenden „ABB“) könnte man nun auch im Rahmen von finanzstrafrechtlichen Außenprüfungen nach § 99 FinStrG treffen. Solche Prüfungen können nämlich seither vom ABB nicht nur angeordnet, sondern auch selbst durchgeführt werden.
Es empfiehlt sich sohin ein genauerer Blick, welche Fachbereiche das ABB umfasst und nach welchen Verfahrensvorschriften es operiert. Vorab hier ein kurzer Überblick über die Organisationsreform im Allgemeinen.
Ziel der Finanzorganisationsreform war eine Trennung zwischen den strategischen und operativen Aufgaben der Steuer- und Zollverwaltung. Die operative Umsetzung kommt seit 01.01.2021 den nachfolgend genannten Behörden, welche dem Bundesministerium für Finanzen nachgeordnet sind, zu:
Mit dem Bundesgesetz über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung (BGBl I 104/2019) („ABBG“) wurde der Bundesminister für Finanzen beauftragt, ein einziges Amt für Betrugsbekämpfung mit Wirkungsbereich für das gesamte Bundesgebiet einzurichten (§ 1 ABBG).
Mit seinen rund 900 Mitarbeitern vereint das ABB seit 01.01.2021 die Finanzstrafbehörden der bisherigen Finanzämter, die Steuerfahndung, die Finanzpolizei sowie die Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit.
Die Bündelung unter einem Dach insbesondere der Bereiche Finanzstrafrecht, Finanzpolizei und Steuerfahndung soll zu einer Stärkung von Synergieeffekten und einer effizienteren Gestaltung der Verfahren sowie einem Abbau von doppelgleisigen Ermittlungen führen. Zudem soll eine unmittelbare Kooperation zwischen der Finanzstrafbehörde und der Steuerfahndung ohne aufwändiges Beauftragungsverfahren gewährleistet werden
Die organisatorische, personelle, wirtschaftliche und finanzielle Leitung des ABB obliegt dem Vorstand (§ 2 Abs 1 ABBG). Hierfür stehen dem Vorstand sog Supportabteilungen in den Bereichen Personal und Budget, Beschaffung & Controlling sowie eine administrativ tätige Geschäftsstelle zur Verfügung.
Bis zur Einrichtung des ABB fungierten die Finanzämter neben ihrer Funktion als Abgabenbehörde auch als Finanzstrafbehörde.
Statt der bisher 40 Teams arbeiten nunmehr 19 Teams bundesweit im Bereich Finanzstrafsachen. Daneben besteht ein Organisationsteam zur administrativen Unterstützung, ein Fachbereich für komplexe und überregionale Fallkonstellationen mit Gerichtszuständigkeit sowie ein Team zur Einhebung und Einbringung der verhängten Verwaltungsstrafen und Kosten sowie die Administration des Vollzugs der verhängten Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen.
Dies alles allerdings nur insoweit, als diese Aufgaben nicht in die Zuständigkeit der Gerichte fallen (§ 53 FinStrG) oder vom Zollamt Österreich (§ 58 Abs 1 lit a FinStrG) zu vollziehen sind.
Der Bereich Finanzstrafsachen ist eng mit dem Bereich Steuerfahndung verflochten. Bei der Führung von Finanzstrafverfahren vom Anfangsverdacht und von Vorerhebungen bis zu deren rechtskräftigen Erledigungen wird der Bereich Finanzstrafsachen von der Steuerfahndung unterstützt. Die Steuerfahndung wird in solchen Fällen als Finanzstrafbehörde tätig.
Die neue Behördenstruktur hat in vielerlei Hinsicht Auswirkungen auf das Finanzstrafrecht: so führt die bundesweite Zuständigkeit des ABB etwa im Falle mehrerer zusammentreffender, örtlich aber über das Bundesgebiet verteilter Finanzvergehen zu einer erhöhten Gerichtszuständigkeit in Finanzstrafverfahren. Dies unter anderem deshalb, da die strafbestimmenden Wertbeträge dieser Finanzvergehen seit Zuständigkeit des ABB jedenfalls zusammenzurechnen sind, egal ob eines der Vergehen in Wien und eines in Tirol begangen wurde.
Die bisherige Organisationsstruktur der Finanzpolizei mit ihrer Teamstruktur, der regionalen Leitung sowie den Sondereinheiten Zentrale Koordinationsstelle (ZKO) und Daten-, Informations- und Analyseeinheit (DIAC) bleibt auch durch die Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung im Wesentlichen erhalten.
Die Aufgaben der Finanzpolizei umfassen (§ 3 Z 2 ABBG)
Im Hinblick auf die der Finanzpolizei zugewiesenen Aufgaben wird die Finanzpolizei dabei in unterschiedlicher Organstellung tätig. Im Bereich der allgemeinen Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 143 f BAO wird die Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde tätig. Im außersteuerlichen Aufgabenbereich der Finanzpolizei wird die Finanzpolizei bei der Durchführung ihrer Kontrollbefugnisse (zB AuslBG) als Organ des ABB tätig. Beim Vollzug des SBBG (§ 6 Abs 2 SBBG) kommen der Finanzpolizei die Rechte der Kriminalpolizei zu. Dieser Differenzierung kommt in der Praxis wesentliche Bedeutung zu, da davon abhängig ist, welche Verfahrensrechte bei welcher Behörde ausgeübt werden (etwa bei welcher Behörde Akteneinsicht beantragt werden kann), und auf welcher rechtlichen Grundlage diese ausgeübt werden.
Die bislang organisatorisch, personell und wirtschaftlich eigenständige Steuerfahndung mit Sitz in Wien und Außenstellen in Oberösterreich, Salzburg, Tirol/Vorarlberg, Kärnten und Steiermark wurde mit 01.01.2021 als eigener Bereich („Steuerfahndung“) in das ABB eingegliedert. Das bis dahin in der Steuerfahndung integrierten Central Liasion Office („CLO“) und das Team International Cooperation in Fiscal Investigations („IFCI“) wurden die die Neuorganisation in den (neuen) Bereich „Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit“ des ABB ausgegliedert.
Neben der Bereichsleitung mitsamt dem Organisationsteam umfasst der Bereich „Steuerfahndung“ zwölf bundesweite Fahndungsteams (davon zwei Teams mit einer Spezialisierung auf die Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug) sowie zwei weitere bundesweite IT-Fahndungsteams.
Die Aufgaben der Steuerfahndung blieben durch die Neuorganisation unverändert und umfassen
Die Steuerfahndung kann bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in unterschiedlicher Organstellung tätig werden. Kommt die Steuerfahndung ihren Aufgaben nach dem FinStrG nach, vollzieht sie diese als Finanzstrafbehörde. Wird die Steuerfahndung auf Basis des FinStrG oder der Bestimmungen der StPO tätig, so ist sie mit den Rechten und Befugnissen der Kriminalpolizei ausgestattet (§ 196 FinStrG). Tätigt die Steuerfahndung abgabenrechtliche Aufgaben (§ 4 ABBG) so sind solche Maßnahmen der Abgabenbehörde zuzurechnen. Außersteuerliche Aufgaben sind dem ABB als (belangte) Verwaltungsbehörde zuzurechnen.
Das bisher bei der Steuerfahndung integrierte Central Liasion Office („CLO“) und das Team International Cooperation in Fiscal Investigations („IFCI“) wurden in den Bereich „Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit“ („ZIZ“) des ABB ein- bzw umgegliedert (§ 3 Z 4 lit a und b ABBG).
Die ZIZ dient dabei in erster Linie als einzige Anlaufstelle („Single Point of Contact“) für die betreuten internationalen Rechtsgrundlagen, insbesondere nationale Rechtsvorschriften, bilaterale und multilaterale Übereinkommen zur internationalen Amtshilfe im Bereich der Umsatzsteuer, sonstiger Steuern und Abgaben, Betreibung von Abgaben, Verwaltungsstrafverfahren und Vollstreckung von Finanzstrafverfahren. Zudem ist die ZIZ im Rahmen der Bearbeitung von Geldwäschemeldungen Informationsdrehscheibe für die Finanzämter und Finanzstrafbehörden.
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