Mit Wirksamkeit zum 28.03.2024 wurde die EU-Transparenzrichtlinie vom österreichischen Gesetzgeber in das Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz (AVRAG) umgesetzt. Neben neuen Mindestinhalten von Dienstzetteln und Dienstverträgen wurde auch eine gänzlich neue Bestimmung zu Aus-, Fort- und Weiterbildungen eingeführt.
Ist auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, des anwendbaren Kollektivvertrages oder des Arbeitsvertrages eine bestimmte Aus-, Fort- oder Weiterbildung Voraussetzung für die Ausübung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, so ist (i) ist die Teilnahme des Arbeitnehmers an dieser Aus-, Fort- oder Weiterbildung Arbeitszeit und (ii) sind die Kosten für diese Aus-, Fort- oder Weiterbildung vom Arbeitgeber zu tragen, es sei denn, die Kosten werden von einem Dritten (zB AMS) getragen.
Interessant ist, dass die österreichische Regelung über die Vorgaben in der EU-Transparenzrichtlinie hinausgeht. Der Anwendungsbereich ist insbesondere weiter, weil die EU-Transparenzrichtlinie eine Verpflichtung zur Kostentragung und Wertung als Arbeitszeit nur für Fortbildungen vorsieht, die auf Basis von gesetzlichen Bestimmungen oder des Kollektivvertrages zu absolvieren sind. Eine Bezugnahme auch auf jene Fortbildungen, die nach dem Arbeitsvertrag Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit sind, enthält die EU-Transparenzrichtlinie nicht, ebenso wenig wie einen Anwendungsbereich für reine Weiterbildungen (zB Auffrischungsschulungen etc).
Aus Sicht der Praxis wird genau dieses „Gold-Platting“ des österreichischen Gesetzgebers kritisiert. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, wie diese neue Bestimmung mit den schon bestehenden Reglungen hinsichtlich Ausbildungskostenrücksatz zu vereinbaren ist. Klar ist, dass Unternehmen sich bei der Erstellung von Stellenprofilen, Tätigkeitsbeschreibung und auch Funktionsbeschreibungen in Dienstverträgen zukünftig genauer überlegen sollten, welche Voraussetzungen für den Job als notwendig festgelegt sind. Zu weit gefasste Anforderungsprofile in einer Funktionsbeschreibung, auf die in einem Dienstvertrag verwiesen wird, können zu einer Kostentragungspflicht führen, sofern Mitarbeiter:innen über die entsprechende Ausbildung noch nicht verfügen.
Zu differenzieren ist in weiterer Folge auch anhand der jeweiligen Aus- Fort- oder Weiterbildung. So wird beispielsweise zum Güterbeförderungsgesetz vertreten, dass die darin normierte Weiterbildung als Nachweis des Weiterbestehens der Fahrerqualifizierung nicht als Weiterbildung im Sinne der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu sehen ist und somit keine Kostenersatzpflicht und Wertung als Arbeitszeit auslöst. Wird aber beispielsweise jemand als LKW-Fahrer eingestellt, ohne den erforderlichen LKW-Schein schon innezuhaben, könnte dies eine Kostenersatzpflicht des Unternehmens auslösen.
Wichtig ist daher, jeden Einzelfall zu prüfen. Inwieweit bestehende Rückersatzverpflichtungen noch wirksam sind bzw neue abgeschlossen werden können, beurteilt sich danach, ob eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung in den Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Bestimmungen fällt. Ist ein Anwendungsbereich gegeben, werden Altvereinbarungen unwirksam und neu Vereinbarungkönnen nicht abgeschlossen werden. Faktisch verbleibt wohl nur mehr ein kleiner Restbereich, in dem tatsächlich wirksame Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen abgeschlossen werden können. Denkbar ist dies bei Bildungsmaßnahmen, die keine Voraussetzung für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit sind und wo das Unternehmen vertraglich keine Verpflichtung vorschreibt, beispielsweise Führungskräftetrainings, wenngleich diese jedenfalls sinnvoll für die Tätigkeit einer Führungsrolle sind.
Rückersatzfähig sollten auch Bildungsmaßnahmen sein, die für eine allenfalls erst zukünftig ausübbare Tätigkeit absolviert werden, ohne dass eine Beförderung schon vereinbart wurde. Sofern Mitarbeiter:innen proaktiv Fortbildungen besuchen wollen, die beruflich zwar relevant sein können, keinen Bezug zur ausgeübten Tätigkeit haben und weder dienstvertraglich vorgeschrieben noch auf Basis von gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen zwingend zu absolvieren sind, können auch in diesem Bereich noch Ausbildungskostenrückersatzvereinbarungen geschlossen werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die neue Bestimmung Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung nicht gänzlich ausschließt. Jeder Fall bleibt aber individuell zu prüfen und von überschießenden Anforderungen an die jeweilige Stelle ist abzuraten.
Christina Hödlmayr
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