Finanzpolizei prüft die Kurzarbeit - was tun?

COVID-19 hat den österreichischen Unternehmen eine Vielzahl an staatlichen Förderungen beschert. Erste Betrugsfälle wurden bereits gerichtsanhängig. Konkret hat die Finanzpolizei zwischen April 2020 und Juni 2020 über 31.000 Arbeitnehmer in mehr als 10.000 Betrieben im Zusammenhang mit Kurzarbeitsförderungen kontrolliert. Am Beispiel der Kurzarbeitshilfe soll dargestellt werden, mit welchen rechtlichen Konsequenzen im Betrugsfall zu rechnen ist und welche Handlungsalternativen bestehen.

Dr. Caroline Toifl | 22.03.2022 | Finanzstrafrecht | Strafrecht Seite drucken

Das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG)

Mit dem COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz („CFPG“) schuf der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage, um die Inanspruchnahme von Förderungen rückwirkend im Rahmen von Außenprüfungen oder auch eigenständig zu überprüfen.

Neben der Kurzarbeitshilfe wird die Abgabenbehörde durch das CFPG auch ermächtigt Fixkostenzuschüsse, Zuschüsse aus dem Härtefallfonds, Förderungen aus dem NPO-Unterstützungsfonds und Förderungen für Künstler zu prüfen (§ 1 CFPG).

Da es sich bei diesen Förderungen und Beihilfen nicht um Abgaben im Sinne der BAO handelt, wird das Finanzamt im Rahmen der Förderungsprüfung allerdings nicht als Abgabenbehörde, sondern als Gutachter tätig (§ 2 Abs 1 CFPG). Ungeachtet dessen verweist das CFPG mehrfach auf Bestimmungen der BAO (ua auf die Mitwirkungspflicht im Sinne des § 143 BAO), welche sinngemäß anzuwenden sind (§ 2 Abs 2 CFPG).

Bei der Prüfung von Kurzarbeitsbeihilfen ist das für die Lohnsteuerprüfung zuständige Finanzamt berechtigt, anlässlich der Durchführung einer Lohnsteuerprüfung die Richtigkeit der vom Kurzarbeitsbeihilfenempfänger zum Zwecke der Erlangung einer Kurzarbeitsbeihilfe erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Auszahlung angegebenen Daten, zu überprüfen (§ 12 CFPG). Es ist davon auszugehen, dass darauf in Zukunft das Hauptaugenmerk bei Lohnsteuerprüfungen liegen wird.

Weiters sind die Finanzämter berechtigt, Kurzarbeitsbeihilfen auch außerhalb einer Lohnsteuerprüfung zu kontrollieren und das Amt für Betrugsbekämpfung sowie den Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge damit zu betrauen (§ 12 CFPG). Außerdem steht es dem Bundesministerium für Finanzen offen, eine gesonderte Förderungsprüfung anzuordnen (§ 13 CFPG). Gegenstand dieser Überprüfungen ist einerseits die Richtigkeit der vom Beihilfenempfänger erteilten Auskünfte und vorgelegten Unterlagen, andererseits die Überprüfung der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe der Auszahlung angegebenen Daten (§ 12a Abs 2 CFPG). Bestehen Zweifel an der Richtigkeit, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und dem AMS sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln (§ 14 CFPG). Bei Verdacht auf eine Straftat hat das Finanzamt eine Anzeige bei der Kriminalpolizei oder der Staatsanwaltschaft zu erstatten (§ 78 StPO, § 16 CFPG bloß klarstellend).

Neben Prüfungen nach dem CFPG kann es auch zur Aufdeckung von Missbrauchsfällen durch die Finanzpolizei im Rahmen ihrer allgemeinen arbeitsmarktrechtlichen Prüfungsmaßnahmen (AuslBG, AÜG, LSD-BG und § 89 Abs 3 EStG) kommen, bei denen Arbeitszeiten, Beschäftigungsausmaß, Kurzarbeitsumfang und Urlaubsverbrauch überprüft werden.

Rechtsfolgen

(Finanz-)Strafrechtliche und Verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen

Werden im Rahmen der Beantragung von Kurzarbeitsbeihilfen gegenüber den Behörden falsche Angaben gemacht oder gefälschte Urkunden (zB Zeitaufzeichnungen) vorgelegt, sind solche Handlungen bei entsprechendem Vorsatz als Betrug im Sinne des § 146 StGB zu qualifizieren.

Durch die Einreichung einer falschen Abrechnungsdatei (mit der Abrechnungsdatei meldet der Arbeitgeber die Höhe der Ausfallstunden je Mitarbeiter) beim AMS, gilt das Delikt regelmäßig als versucht. Durch die erfolgte Auszahlung des AMS ist der Betrug als vollendet zu qualifizieren. Die Arbeitnehmer kommen als Beitragstäter in Betracht, wenn sie an den falschen Arbeitszeitaufzeichnungen mitgewirkt haben. Solange die Förderung noch nicht ausbezahlt ist, kann der Arbeitgeber vom Versuch zurücktreten, indem eine korrigierte Abrechnungsdatei über das E-AMS-Konto übermittelt wird. Dieser Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) führt grundsätzlich zur Strafaufhebung.

Ist die Tat vollendet, kommt gegebenenfalls tätige Reue (§ 167 StGB) in Betracht. Diese ist so lange möglich, als Staatsanwaltschaft, Strafgerichte oder Kriminalpolizei von der Straftat noch keine Kenntnis erlangt haben. Solange „nur" die Finanzpolizei bzw das Finanzamt tätig ist, kann tätige Reue sohin noch ausgeübt werden. Bei begründetem Verdacht auf Vorliegen eines Straftatbestands hat die Finanzverwaltung Anzeige zu erstatten; ab dann ist es für eine tätige Reue zu spät.

Die tätige Reue erfordert die vollständige Schadensgutmachung. Zu diesem Zweck hat der Arbeitgeber korrigierte monatliche Abrechnungsdateien zu übermitteln und den Schadensbetrag an das AMS zu überweisen. Eine Ratenvereinbarung ist grundsätzlich möglich. Ein vergleichbares Verfahren gilt für Zuschüsse, die von der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) ausgezahlt werden. Seit August 2021 können über die COFAG-Homepage Korrekturmeldungen vorgenommen werden. Scheitert die tätige Reue oder ist es dafür zu spät, kommt gegebenenfalls ein diversionelles Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden im Sinne der §§ 198 ff StPO in Betracht.

Weitere strafrechtliche Delikte, die im Zusammenhang mit Kurzarbeitsbeihilfen verwirklicht werden könnten, sind die betrügerische Anmeldung zur Sozialversicherung gemäß § 153d StGB (eine Verurteilung führt hierbei automatisch zum Verlust der Gewerbeberechtigung) sowie ggf eine Bilanzfälschung gemäß § 163a StGB.

Haben die Mitarbeiter mehr gearbeitet, als gegenüber dem AMS abgerechnet wurde, verkürzt der Arbeitgeber zudem Kommunalsteuer. Dies kann zu einer Verwaltungsstrafe nach § 15 KommStG führen.

Gleicht der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Mehrstunden zur gesetzlich vorgegebenen Nettoentgelt-Garantie nicht „schwarz" aus, kommt eine Bestrafung wegen Unterentlohnung iS des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes in Betracht.

Gleicht der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Mehrstunden zur gesetzlich vorgegebenen Nettoentgelt-Garantie „schwarz" aus, verkürzt er auch Lohnsteuer, DB und DZ. Dies wiederum stellt regelmäßig eine Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG dar. Belaufen sich die verkürzten Abgaben auf über EUR 100.000,-- und hat der Arbeitgeber Arbeitszeitaufzeichnungen gefälscht, liegt ggf Abgabenbetrug iSd § 39 FinStrG vor.

Nur dann, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist und auch keine Verfolgungshandlungen eingeleitet wurden, kann die Strafbarkeit mittels einer Selbstanzeige aufgehoben werden. Dabei ist zu beachten, dass die Selbstanzeigen hinsichtlich Lohnsteuer, DB und DZ bei der Abgabenbehörde, hinsichtlich Kommunalsteuer bei der zuständigen Gemeindebehörde einzubringen sind. Die Selbstanzeigen sollten zeitlich auf eine tätige Reue abgestimmt werden. Für die Strafbefreiung ist weiters eine fristgerechte Zahlung der verkürzten Beträge erforderlich.

Ein allfälliger involvierter Verband kann zusätzlich nach den gesetzlichen Bestimmungen des VbVG mit einer Verbandsgeldbuße strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Bei gerichtlicher Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von über drei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen kommt es gemäß § 13 GewO zum automatischen Verlust der Gewerbeberechtigung.

  1.  

Zivilrechtliche Konsequenzen

Die Förderrichtlinien des AMS werden von manchen Landesstellen dahingehend ausgelegt, dass das AMS bei Betrugsverdacht im Zusammenhang mit Kurzarbeitsbeihilfen berechtigt ist, die gesamte Beihilfe (dh nicht nur den Schadensbetrag) zurückzufordern.

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