Verwaltungsstrafrecht und Strafrecht sind nicht das selbe. Nicht alle Gesetzesübertretungen begründen einen gerichtliche Strafbarkeit. In Summe wird sogar der Großteil der Rechtsverletzungen anstatt durch Gerichte von Verwaltungsbehörden verfolgt und bestraft. Entgegen der Vorstellung, dass das Verwaltungsstrafrecht lediglich „kleinere Vergehen“ sanktioniert ist es oft so, dass sehr hohe Geldstrafen oder aber auch Freiheitsstrafen verhängt werden.
Folgende Gesetze enthalten beispielsweise Verwaltungsstraftatbestände:
- Straßenverkehrsordnung (StVO)
- Kraftfahrzeuggesetz (KFG)
- Gewerbeordnung (GewO)
- Sicherheitspolizeigesetz (SPG)
Ein häufig auftretender Fall: § 57a KFG Begutachtung
§ 57a KFG legt die Verpflichtung dem KFZ-Zulassungsbesitzer auf, sein Fahrzeug in bestimmten zeitlichen Abständen von einer dazu ermächtigten Stelle wiederkehrend begutachten zu lassen, ob es den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht und bei Kraftfahrzeugen, ob mit dem Fahrzeug nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden können.
Es wird ein konkretes Monat zur nächsten Überprfüung vorgeschrieben. Der Zeitraum für die Begutachtung beträgt grundsätzlich sechs Monate. Die Begutachtung kann schon ein Monat vor dem vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt (eingestanzt in der Plakette) durchgeführt werden, wobei die absolute „deadline“ durch den Ablauf des vierten darauffolgenden Kalendermonates (Toleranzzeitraum) überschritten wird. Eine Verletzung dieser „Pickerlpflicht“ führt gem § 134 KFG zu einer Geldstrafe bis zu € 5.000,--. Auch wenn meist davon auszugehen ist, dass der Strafrahmen nicht voll ausgeschöpft wird, verdeutlicht dies die Bedeutung von Verwaltungsstrafen.
Die Verbote der Doppelbestrafung und Doppelverwertung
Wird ein Verhalten, welches bereits ein wesentlicher Punkt bei einer Verurteilung durch ein Strafgericht war, durch ein Verwaltungsgesetz ebenfalls unter Strafe gestellt, wird das Doppelbestrafungsverbot des Artikels 4 des 7. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Auch diese Aspekte kommen in der Praxis immer wieder vor und führen auch teilweise, wie zB in der Vergangenheit am Beispiel der StVO, zur Aufhebung einer Verwaltungsstrafbestimmung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein und die selbe Tat nicht mehrere Strafen zur Folge haben darf.
Es sei auch angemerkt, dass es zur rechtmäßigen Verhängung einer Strafe einer korrekten Kundmachung der Vorschriften (Gesetze, Verordnungen) bedarf. Ein Verkehrsschild, welches umgefallen oder unerkennbar war, leidet unter einem Kundmachungsmangel, weshalb eine Strafbarkeit entfallen kann.
Daneben ist das Doppelverwertungsverbot zu beachten. Wenn ein Delikt bereits einen bestimmten Erschwerungsgrund im Tatbestand mit umfasst – zB die Ausnützung der Hilflosigkeit eines anderen – darf dieser nicht nochmals bei der Festlegung der Höhe der Strafe berücksichtigt werden.
Die Strafmilderung
Es kommt vor, dass verhängte Strafen nicht beseitigt werden können, da ein eindeutig nachweisbarer Sachverhalt vorliegt, welcher unter Strafdrohung steht. Desto öfter vergessen jedoch Strafbehörden mildernde Umstände zu berücksichtigen. Durch die Erhebung des adäquaten Rechtsmittels ist dann zumindest die nachträgliche Herabsetzung der Höhe einer Verwaltungsstrafe möglich.
Nicht jede Strafe ist gleich
Damit die Aufhebung von verfügten Strafen erfolgreich sein kann, muss die richtige Vorgehensweise gewählt werden. Das sogenannte „Straferkenntnis“ ist ein Bescheid im Sinne des Verwaltungsrechts, dessen Bekämpfung gewöhnlich mittels einer Beschwerde möglich ist.
Daneben bestehen jedoch mehrere besondere Formen der Verwaltungsstrafe, die auch als abgekürzte Verfahren bezeichnet werden. Liegt bloß eine Strafverfügung vor, ist diese mittels Einspruch zu bekämpfen. Es gibt dabei kein Verfahren, da dem Aufsichtsorgan oder einer Verwaltungsbehörde die Übertretung einer Vorschrift in ihrer eigenen dienstlichen Wahrnehmung bekannt wurde. Diese Strafverfügungen sind nur bis zu einem Betrag von € 600,-- zulässig. Eine Strafverfügung liegt insbesondere vor, wenn eine Strafe mittels Verkehrsüberwachung durch technische Mittel (Radar) bis zum genannten Betrag verhängt wird.
Anonymverfügung
Die Anonymverfügung reicht nur bis zu einer Geldstrafe von € 365,--. Die Behörde hat zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Delikte in einer Verordnung zu nennen und eine konkrete Strafhöhe festzulegen. Es ist dabei nicht konkret bekannt, wer die Tat begangen hat (zB Zustellung an den Zulassungsbesitzer). Ein Rechtsmittel ist gegen eine Anonymverfügung nicht möglich. Wird der geforderte Betrag nicht binnen vier Wochen einbezahlt, wird diese gegenstandslos und es beginnt ein behördliches Ermittlungsverfahren, welches einen Strafbescheid zur Folge haben kann.
Organstrafverfügung
Eine Organstrafverfügung kann von besonders geschulten Organen verhängt werden, sofern diese Verwaltungsübertretungen persönlich wahrgenommen haben. Sofern keine Ausnahmen bestehen, ist ein Betrag bis zu € 90,-- zulässig. Es gibt kein zulässiges Rechtsmittel dagegen.
Beratung durch einen Rechtsanwalt
Die Beiziehung eines Rechtsanwaltes empfiehlt sich:
- zur Bekämpfung rechtswidriger Bescheide
- besonders bei verkehrsrechtlichen Problemen
- durch korrekte Abfassung des richtigen Rechtsmittels
- bei der nachträglichen Geltendmachung von Milderungsgründen
- zur präventiven Beratung über Strafvorschriften
- zur Bekämpfung möglicherweise rechtswidriger Verordnungen oder Gesetze
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