Das Vertragsrecht stellt einen integralen Bestandteil des österreichischen Zivilrechts dar. Darunter ist die Summe jener Regelungen zu verstehen, die das Zustandekommen und die Wirkungen von Verträgen betreffen. Verträge werden für alles möglich erstellt – in zahlreichen Rechtsbereichen ist das Vertragsrecht relevant: Arbeitsrecht, Erbrecht, Franchising, Gesellschaftsrecht, Liegenschafts- und Immobilienrecht, Mergers & Acquisitions oder Wohnungseigentumsrecht. Folgende Problemstellungen können sich bei der Erstellung von Verträgen und bei bestehenden Vertragsverhältnissen ergeben:
- Welche Art von Vertrag ist abzuschließen?
- Bestehen gesetzliche Formvorschriften?
- Bestehen zwingende gesetzliche Vorgaben?
- Ist ein Rücktritt vom Vertrag möglich?
- Sind alle Bestandteile des Vertrages wirksam?
- Welche Ansprüche entstehen bei Vertragsverletzungen?
- Welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen bezüglich Steuern und Gebühren?
- Wie sind unklare Bestimmungen aus Verträgen korrekt auszulegen?
Das Prinzip der Vertragsfreiheit
In Österreich herrscht Vertragsfreiheit; zumindest oberflächlich betrachtet, da viele Arten von Vereinbarungen, teils unabhängig vom Willen der Vertragsparteien, dennoch nicht Bestandteil des Vertrages werden. Frei ist grundsätzlich nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form, weshalb Verträge konkludent, mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden können. Dabei ist zu beachten, dass durch die falsche Wahl der Form eine Gebührenpflicht ausgelöst werden kann.
Verträge, die nach § 879 ABGB sittenwidrig sind oder gar gegen gesetzliche Verbote verstoßen, sind jedenfalls nichtig. Sittenwidrigkeit ist dann gegeben, wenn das Rechtsgefühl der Gemeinschaft nicht mit einer Vereinbarung vereinbar ist, wenn zB festgelegt wird, dass eine Partei künftig keine Kinder bekommen darf. Die vertragliche Verpflichtung, einen Diebstahl zu begehen, ist zudem auch gesetzwidrig und folglich rechtlich inexistent.
Beschränkungen der Vertragsfreiheit – zwingende Gesetzesbestimmungen, AGB-Kontrolle, Formvorschriften
Europaweit zieht sich der Gedanke der Regulierung und Kontrolle von wirtschaftlichen oder tatsächlichen Übermachtstellungen in zwei- oder mehrseitigen Vertragsbeziehungen. Diesen Vorstellungen tragen etwa das Konsumentenschutzrecht, das Mietrechtsgesetz oder das Verbraucherkreditgesetz Rechnung. Zwingende, in diesen Gesetzen vorgesehene Bestimmungen, können nicht vertraglich abbedungen werden.
Einen allgemeineren Schutz, der schriftliche Verträge betrifft, stellen die Bestimmungen über die AGB-Kontrolle dar (§ 864a ABGB). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind an sich gewöhnliche Vertragsklauseln, die jedoch durch ihre Verwendung von Formblättern (wie Schablonen) einem Vertrag zu Grunde gelegt werden. Das damit verbundene Risiko der „Überrumpelungsgefahr" wird dadurch ausgeglichen, dass überraschende Klauseln unbeachtlich werden, sofern diese sich für die schwächere Vertragspartei nachteilig auswirkt. Unabhängig davon, ob nun eine Bestimmung überraschend ist oder nicht, ist eine Bestimmung gemäß § 879 ABGB ungültig, wenn sie nicht nur benachteiligend, sondern „gröblich" benachteiligend ist. Bei der Auslegung dieses Begriffes hat der Richter einen großen Ermessensspielraum, was die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt nahe legt.
Zur Gültigkeit eines Vertrages kann es auch notwendig sein, dass Formvorschriften eingehalten wurden. So ist bei manchen Vertragstypen bspw. eine Notariatsaktspflicht vorgeschrieben – wie etwa bei der Übertragung von Anteilen einer GmbH oder bei Abschluss eines Ehepaktes. Andere Verträge bedürfen zur Wirksamkeit der Schriftform.
Die Auslegung von Verträgen
Kommt es in einem Vertrag zu einer Situation, deren Lösung nicht eindeutig aus dem inhaltlich Vereinbarten ableitbar ist, sind die gesetzlichen Auslegungsmechanismen (§§ 914, 915 ABGB) anzuwenden. Unabhängig von Formulierungen steht fest, dass jener Inhalt als vertraglich vereinbart gilt, den die Parteien wirklich wollten.
Falls die Parteien sich darüber aber nicht einig sein sollten, greifen die Unklarheitsregeln. Undeutliche Vereinbarungen fallen demnach demjenigen zur Last, der sich der Auslegung einer Klausel bedient hat.
Das Konsumenteschutzgesetz schützt zusätzlich Verbraucher besonders gegen mehrdeutige, unklare bzw intransparente Regelungen. Nach § 6 Abs 3 KschG ist eine unklare Vertragsbestimmung unwirksam. Es sei denn, sie stellt den Verbraucher besser.
Nachträgliche Aufhebung des Vertrages – Irrtum, List, Drohung
Kommt ein Vertrag gültig zu Stande, ist es dennoch möglich, diesen wieder durch vertragsrechtliche Instrumente zu beseitigen. Die Auflösung aufgrund eines Irrtumes kommt nach §§ 871, 877 ABGB dann in Betracht, falls der Irrtum durch den anderen veranlasst wurde oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen musste oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde. Ähnliche, aber noch strengere Konsequenzen sind an Verträge geknüpft, die durch List oder Drohung entstanden sind.
Das Vertragsrecht sieht daneben noch einige andere Instrumente zur nachträglichen Veränderung von Verträgen vor, etwa dann, wenn Leistung und Gegenleistung in einem derart krassen Missverhältnis stehen, und zwar dergestalt, dass die erbrachte Leistung nicht einmal 50% des Gegenwertes erreicht (laesio enormis).
Ihr Rechtsanwalt im Bereich des Vertragsrechts berät Sie:
- bei der Erstellung von Verträgen
- über die rechtlichen Möglichkeiten bei der Geltendmachung von Vertragsverletzungen (Gewährleistung und Schadenersatz)
- über die Möglichkeiten der nachträglichen Vertragsaufhebung
- über die Argumentationswege im Rahmen von Vertragsauslegungen
- über Wege zur Vermeidung von Gebühren
- über typische Risiken je nach Vertragstyp
- über Formvorschriften (Notariatsakt, notarielle Beurkundung)
Es ist dringend davon abzuraten, Verträge von großer Bedeutung ohne vorherige anwaltliche Beratung zu schließen. Die Konsequenzen aus Fehlern oder Unachtsamkeiten, die bereits bei Vertragsabschluss begangen wurden, können leider oft zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr korrigiert werden. Anwaltliche Unterstützung kann auch dabei helfen, Vertragsgebühren zu sparen.
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