Welche gesetzlichen Unterhaltspflichten bestehen zwischen Verwandten?

Gesetzliche Unterhaltsansprüche bestehen nicht nur auf Seiten des Kindes gegenüber den Eltern. Auch Eltern und Großeltern können gegenüber Ihren Kindern und Enkelkindern unter bestimmten Umständen Unterhaltsansprüche geltend machen. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs selbst bestimmt sich nicht allein anhand des Einkommens sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Unterhalt ist eine Leistung, die eine Person einer anderen gegenüber erbringt, damit diese ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Er bezieht sich etwa auf Essen, Wohnen, Ausbildungs- und Freizeitkosten samt zugehörigen Materialien und kann aus  Geld-, Sach- oder sonstigen Leistungen bestehen. Unterhaltsansprüche können aus unterschiedlichen Gründen bestehen: Entweder sie sind vertraglich vereinbart, durch das Gericht bestimmt, oder sie stehen schon aufgrund Gesetzes zu. Gesetzliche Unterhaltsansprüche können zwischen Verwandten, aber auch nicht blutsverwandten Personen (zB. Ex-/Ehegatten, eingetragenen Partnern) bestehen.

Im Folgenden sollen die gesetzlichen Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten dargestellt werden.

Gesetzliche Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten

Zwischen Verwandten bestehen wechselseitige Unterhaltsansprüche nur bis zu einem bestimmten Verwandtschaftsgrad, nämlich grundsätzlich zwischen drei Generationen – Kindern, Eltern und Großeltern. Nicht aber zwischen Seitenverwandten,- also zB. nicht zwischen Geschwistern, Onkeln oder Tanten. Auch zwischen Stiefkindern und Stiefeltern bestehen keine Unterhaltsverpflichtungen.

Die Unterhaltspflichten sind wechselseitige. Das bedeutet, dass nicht nur Kinder ihren Eltern und Großeltern gegenüber unterhaltsberechtigt sein können, sondern sie ggf. auch ihren Eltern oder Großeltern gegenüber unterhaltspflichtig sind.

Kindesunterhalt

Kinder (eheliche und uneheliche) haben gegenüber ihren Eltern grundsätzlich einen Anspruch auf Unterhaltsleistung bis sie selbsterhaltungsfähig sind. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder nach Abschluss der Pflichtschule sofort zu arbeiten beginnen müssen, um sich selbst zu erhalten. Sie haben, solange sie sich in Ausbildung (wie etwa Schule, Lehre oder Studium) befinden, weiterhin einen Unterhaltsanspruch, wenn sie kein ausreichendes eigenes Einkommen aus Arbeit oder Vermögen haben, um sich selbst zu erhalten. Es besteht keine Verpflichtung der Kinder, ein Arbeitseinkommen zu erzielen, solange sie sich in Ausbildung befinden. Aber auch wenn sich das Kind in Ausbildung befindet, heißt das nicht, dass die Eltern (etwa bei „Ewigstudenten“) bis zum Sankt Nimmerleinstag Unterhalt leisten müssen. Kinder verlieren ihren Unterhaltsanspruch, wenn sie ihre Ausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig vorantreiben.

Ist die Ausbildung abgeschlossen, so wird davon ausgegangen, dass das Kind selbsterhaltungsfähig ist. Es muss jede Arbeit annehmen (auch wenn diese nicht der Ausbildung entspricht) und sich nachweislich um einen Job bemühen. Nur wenn trotzdem keine Arbeitsmöglichkeit besteht, sind die Eltern uU. verpflichtet, weiterhin für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Dies hängt aber immer vom konkreten Einzelfall ab.

Auch ein Aufleben des Unterhaltsanspruchs ist möglich, wenn zB. Arbeitslosigkeit eingetreten ist und kein anderes Vermögen oder Einkommen (zB. Arbeitslosengeld udgl.) besteht.

Muss man seinen Eltern oder Großeltern Unterhalt leisten?

Dem Grundsatz der gegenseitigen Unterstützung im nahen Verwandtschaftsverhältnis entsprechend, haben auch Eltern bzw. Großeltern ihren Kindern und Enkeln gegenüber unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsansprüche. Diese Unterhaltspflicht ist zum Einen eingeschränkt, zum Anderen eine subsidiäre. Ganz grob (und unter weiteren Voraussetzungen) besteht eine Unterhaltspflicht der Kinder/Enkel nur dann, wenn die Eltern/Großeltern selbst keine unterhaltspflichtigen Eltern mehr haben und auch kein Recht auf Ehegattenunterhalt besteht.

Worin besteht der Unterhalt und wie hoch ist er?

Der Unterhalt kann, wie schon erwähnt, in Geld-, Sach-, oder sonstigen Leistungen bestehen.  Lebt zB. ein Kind mit seinen Eltern zusammen, dann erfüllen die Eltern dadurch ihre Unterhaltsverpflichtung, dass sie für die Wohnmöglichkeit, Essen, Kleidung, Taschengeld und Aufwand für Ausbildungsmaterialien und Freizeitgestaltung aufkommen (Naturalunterhalt). Die Eltern haben „nach Kräften“ zum Unterhalt beizutragen. Ein zusätzlicher Geldanspruch des Kindes gegenüber den Eltern besteht hier nicht. Kann der eine Elternteil nur wenig beitragen, dann muss der andere Elternteil umso mehr beitragen, soweit ihm das möglich ist. Lebt der eine Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt, dann muss er seinen Teil des Kindesunterhalts in Geld erfüllen (Geldunterhalt). Das Geld wird bis zur Volljährigkeit nicht direkt dem Kind ausbezahlt, sondern dem Elternteil, bei dem das Kind lebt. Der wiederum muss es dafür verwenden, dem Kind das gemeinsame Wohnen, Kleidung, Essen usw. zu finanzieren. Ab Volljährigkeit ist der Geldunterhalt direkt an das Kind zu bezahlen.

Sind beide Eltern absolut nicht in der Lage, dem Kind ausreichend Unterhalt zu leisten, dann müssen die Großeltern den fehlenden Teil aufbringen, soweit es ihnen möglich ist.

Wie hoch ist der Geldunterhalt?

Wie hoch der Unterhaltsanspruch ist, hängt schon ganz grundsätzlich von den Lebensverhältnissen und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ab. Etwa von Ausbildung, Vermögen, Einkommen, Arbeitsfähigkeit und Lage am Arbeitsmarkt udgl. Die Höhe richtet sich aber auch danach, welches Alter, welche Anlagen, Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten zB. das unterhaltsberechtigte Kind hat. – Die Höhe des Geldunterhalts richtet sich also einerseits nach den Möglichkeiten des Unterhaltspflichtigen, andererseits nach dem Bedarf des Kindes.

Außerdem verringert sich der konkret zu bezahlende Unterhalt, wenn der Unterhaltspflichtige auch noch andere Unterhaltsansprüche zu erfüllen hat – etwa, weil für mehr als ein Kind zu sorgen ist, oder (Ex-) Ehegattenunterhalt zu leisten ist.

Wieviel steht an Geldunterhalt zu? – „Regelbedarf“ und Prozentsatzmethode  

Gesetzlich ist die konkrete Höhe des geschuldeten Geldunterhalts nicht festgelegt, was einleuchtet, da ja die Lebensverhältnisse und Bedürfnisse stark divergieren können. Im Juli jeden Jahres werden von der Jugendwohlfahrt sogenannte „Regelbedarfsätze“ veröffentlicht, die angeben, wieviel Unterhalt (in Geld bemessen) Kinder pro Monat in der Regel benötigen. Diese Werte werden aus statistischen Daten ermittelt und gehen von einer vierköpfigen Durchschnittsfamilie aus. Sie beziehen natürlich nicht die konkreten Bedürfnisse der Kinder, oder die konkrete Situation der Unterhaltspflichtigen mit ein und sind auch nicht als „Mindestunterhalt“ zu verstehen. Es handelt sich um rein statistische Richtwerte, die aber auch unterschritten werden können, etwa wenn der Unterhaltspflichtige sich diese Beträge nicht leisten kann. (Die Regelbedarfsätze sind aber für die sogenannte „Playboygrenze“ von Bedeutung – siehe dazu weiter unten).

Für 1.7.2014-30.6.2015 wurden folgende Regelbedarfsätze veröffentlicht:

In der Rechtsprechung haben sich prozentuelle Richtwerte (Prozentsatzmethode) durchgesetzt, die angeben, wieviel Prozent seines Nettomonatseinkommens ein Unterhaltspflichtiger für ein Kind im Monat zu leisten hat. An diesen prozentuellen Richtwerten orientiert sich die Judikatur bei der Festsetzung der Höhe von Unterhaltsansprüchen. In Prozent vom Monatsnettoeinkommen sind demnach vom Unterhaltspflichtigen zu zahlen:

Bei weiteren Sorgepflichten des Unterhaltspflichtigen reduzieren sich diese Prozentsätze: Für jedes weitere Kind unter 10 Jahren um 1%, für jedes weitere Kind über 10 Jahre um 2%, und im Falle von Ehegattenunterhalt um 0-3%.

Grenzen nach Oben und Unten – Anspannungsgrundsatz und Playboygrenze

Grundsätzlich könnte man also sagen: „Je mehr man verdient, desto mehr muss man zahlen“. Dem würde entsprechen: „Je weniger man verdient, desto weniger muss man zahlen“. So stimmt aber beides nicht. Es gibt Unter- und Obergrenzen.

Man kann sich seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht dadurch entziehen, dass man absichtlich kein Einkommen erzielt, oder einer Beschäftigung nachgeht, die nicht der eigenen Ausbildung entspricht. Hier gilt der sogenannte „Anspannungsgrundsatz“. Er bedeutet, dass man alles Zumutbare tun muss, damit man seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen kann.  Tut man das nicht, schuldet man dennoch den Unterhalt und wird in die Pflicht genommen. Bei der Festlegung der Höhe des geschuldeten Unterhalts wird dann nicht vom tatsächlich erwirtschafteten Einkommen ausgegangen, sondern ein fiktives Einkommen zugrunde gelegt, das der Unterhaltspflichtige erwirtschaften könnte, aber absichtlich ausgeschlagen hat. Wird der Geldunterhalt nicht bezahlt, dann erfolgt die Pfändung bis an das Existenzminimum – und in Einzelfällen kann dieses sogar unterschritten werden.  

Auf der anderen Seite gibt es auch eine Obergrenze, über die hinaus Geldunterhalt nicht geleistet werden muss – die sogenannte „Playboygrenze“. Auch diese Deckelung nach oben ist durch die Rechtsprechung entwickelt worden. Die Playboygrenze limitiert die Unterhaltsverpflichtung von Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen mit dem ca. 2 bis 2,5-fachen des Regelbedarfs (zu den Regelbedarfsätzen siehe oben).  

Für eine Person, die für ein 7-jähriges Kind unterhaltspflichtig ist, keine weiteren Sorgepflichten hat und ein Nettomonatseinkommen iHv EUR 7.000,- bezieht, würde dies also folgendes bedeuten:

Regelbedarf 7-jähriges Kind (Stand 2014/2015): EUR 326/Monat

Unterhaltsanspruch 7-jähriges Kind (Prozentsatzmethode): 18% = EUR 1.260    

Playboygrenze/Unterhaltsschuld (2 - 2,5-facher Regelbedarf): EUR 652 bis EUR 815

Unterhaltsvorschuss – was ist das?

Ist die Unterhaltspflicht eines Elternteils durch ein gerichtliches Urteil festlegt (etwa bei einer Scheidung), und erfüllt dieser Elternteil seine Verpflichtung nicht (gänzlich), dann gewährt die Justiz den fehlenden Unterhalt als Vorschuss. Dazu bedarf es eines Antrages und es sind noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen, zB. dass das Kind minderjährig ist. Die bevorschussten Beträge werden dann vom Unterhaltsschuldner zurückgefordert.

Weiterführende Informationen

Unterhaltsansprüche hängen immer vom Einzelfall ab, daher ist die Einholung weiterführender Informationen und konkreter, fallbezogener Hilfestellungen unbedingt anzuraten. Hilfreiche Informationen erhalten Sie bei einem auf Familienrecht spezialisierten Anwalt, der Jugendwohlfahrt, dem Sozialministerium und Familienministerium oder den Bezirksgerichten.

 

Bild: ©Shutterstock

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