Wollen Konsumenten ihr Geld anlegen, wenden Sie sich in der Regel an ihren Bankberater oder Anlageberater. Problematisch ist, dass diese Berater in der Regel nicht unabhängig sind. Bei jedem abgeschlossenen Vertrag verdienen sie in Form von Provisionen mit. Die „Berater“ befinden sich daher in der zwiespältigen Situation sowohl eine gute Anlageberatung zu bieten aber gleichzeitig auch gute Verkäufer für Finanzprodukte zu sein.
Hier entsteht schnell das Risiko, dass Berater ausschließlich die Vorzüge eines Finanzproduktes preisen, die Risiken aber verschleiern oder weglassen. Gerne werden Standard Floskeln wie „15% Prozent garantiert“ verwendet, die sich in den Verträgen aber nicht wiederfinden. Zudem werden oft komplexe Finanzprodukte, insbesondere Derivate (bspw. Swaps, Optionen, Terminkontrakte, Futures), die für Laien – aber auch für die Bankberater selbst – sehr schwer zu durchschauen sind, angepriesen.
TIPP: Achten Sie genau darauf, das sämtliche Versprechungen und Sicherheiten im Zusammenhang mit dem Finanzprodukt dokumentiert bzw. vertraglich festgehalten wurden.
Stellt sich nach Jahren heraus, dass die Versprechungen im Beratungsgespräch oder im Kapitalmarktprospekt falsch waren und es vielmehr zu deutlichen Verlusten gekommen ist, können Anleger Schadenersatz verlangen.
Je nachdem, auf welcher Basis die Anlageentscheidung getroffen wurde sind unterschiedliche Adressaten einer Schadensersatzforderung möglich: Enthielt bereits der Kapitalmarktprospekt falsche oder irreführende Angaben, so können sich Geschädigte an die Emittenten, Abschlussprüfer oder Vertriebspersonen im Rahmen einer Prospekthaftung wenden. Erfolgte eine Anlageentscheidung aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung, so sind in erster Linie der Bankberater bzw. deren Arbeitgeber oder Anlageberater haftbar zu machen
Für zahlreiche Wertpapiere sieht das Kapitalmarktgesetz die Erstellung eines Prospektes zwingend vor. Der Prospekt soll den Anleger über potentielle Risiken aufklären. Im Rahmen von Werbung für prospektpflichtige Finanzprodukte muss auf den Prospekt hingewiesen werden.
Wurde ein Prospekt erstellt, kommen zahlreiche Beteiligte für Schadenersatzansprüche in Betracht. In erster Linie der Emittent. Dieser haftet bereits für leichte Fahrlässigkeit. Abschlussprüfer und Prospektkontrollore haften dagegen nur für grobe Fahrlässigkeit. Der Vertreiber des Finanzproduktes, in den meisten Fällen der Bankberater, haftet dagegen nur, wenn er die Unrichtigkeit des Prospekts kannte oder grob fahrlässig nicht kannte.
In den seltensten Fällen lesen sich Anleger die oft mehrere hundert Seiten langen Prospekte durch. Konsumenten treffen in der Regel Ihre Anlageentscheidung aufgrund der Beratung im Rahmen eines vertrauensvollen Gesprächs mit Ihrem Anlageberater bzw. Bankberater.
Anlageberater – bzw. bei Bankberatern deren Arbeitgeber – haften für falsche Ratschläge sowie für die Verletzung von vertraglichen und vorvertraglichen Schutz- und Aufklärungspflichten.
Anlageberater müssen
Bevor der Anlageberater ein Beratungsgespräch mit einem Kunden führt, ist er verpflichtet, bestimmte Informationen über den Anleger zu erfragen, auf deren Basis das Beratungsgespräch zu erfolgen hat. Im Rahmen dieses Eignungstest werden Angaben über Kenntnisse und Erfahrungen, Anlagezielen und Risikoneigung sowie finanziellen Verhältnissen des Anlegers eingeholt.
Kenntnisse und Erfahrungen
Hier ist entscheidend, ob der Kunde bereits mit derartigen Finanzanlagen vertraut ist und sie bereits durchgeführt hat; auch sollte abgefragt werden, über welchen Bildungsstand er verfügt.
Anlageziele und Risikoneigung
Hier soll ermittelt werden, welchen Veranlagungshorizont und welche Rendite der Anleger anstrebt. Weiters soll auch geklärt werden, über welche Risikobereitschaft (konservativ, risikobereit oder spekulativ) der Anleger verfügt.
Finanzielle Verhältnisse
Schließlich muss geklärt werden, welchen finanziellen Background der Anleger aufweist: Höhe des Einkommens, Immobilienbesitz, Geldvermögen, etc.
Anlageberater müssen über Funktionsweise und Risiken des veranlagten Produktes ausreichend informieren. Wird ein bestimmtes Produkt empfohlen, ist im Hinblick auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen ein hoher Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Ziel des Beratungsgesprächs muss sein, dass der Kunde, in solche Finanzprodukte investiert, über deren Risiken er ausreichend informiert ist, die mit seinen Anlagezielen im Einklang stehen und die im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten vertretbar sind.
Das Beratungsgespräch muss insbesondere nach folgenden Grundsätzen erfolgen:
Anlegerspezifische Beratung
Die Beratung muss auf den Anleger abgestimmt sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Zusammensetzung oder die Risikostruktur eines Gesamtportfolios zu berücksichtigen.
Produktspezifische Beratung
Hier muss der Anlageberater nicht nur allgemeine Risiken (Marktentwicklung, Wertentwicklung, Zinstrends) sondern auch auf spezifische Risiken des Anlageproduktes hinweisen (Bonität, Laufzeit, Kurs-, Zins- und Währungsrisiko). Speziell bei strukturierten Produkten wie Garantie-Zertifikate, Bonus-Zertifikate oder Discount-Zertifikate muss im Einzelfall aufgeklärt werden.
Vollständige, richtige, rechtzeitige und verständliche Beratung
Der Anlageberater ist zur vollständigen und richtigen Information des Kunden verpflichtet. Auch das Verschweigen von wichtigen Informationen kann haftungsbegründend sein.
Wird der Anlageberater mit der Ausführung eines Auftrags beauftragt, endet auch die Beratungspflicht. Eine laufende Betreuung (etwa der unaufgeforderte Hinweis des Bankberaters, dass der Kurs des Anlageproduktes um 10% gefallen ist) ist nicht verpflichtend. Eine solche Information muss die Bank nur mitteilen, wenn sie vom Kunden erfragt wird.
Zwar haftet der Anlageberater im Zusammenhang mit falscher Anlageberatung auch für leichte Fahrlässigkeit. Allerdings wird leichte Fahrlässigkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oft ausgeschlossen. Dies ist gegenüber Konsumenten aber nur dann nur zulässig, wenn diese Bestimmung ausdrücklich hervorgehoben wurde und nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist.
Sollten Sie falsch beraten worden sein, ist es unbedingt erforderlich unverzüglich rechtlichen Rat bei einem Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarkrecht oder Konsumentenschutz einzuholen. Schadenersatzansprüche müssen innerhalb von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit der falschen Beratung geltend gemacht werden. Kann der genaue Schaden noch nicht beziffert werden, empfiehlt es sich, zumindest eine Feststellungsklage einzubringen.
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