In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass der Vater oder die Mutter einem Kind sehr wenig oder gar nichts und dem „Lieblingskind“ das gesamte Vermögen vererben. Grundsätzlich sind Erblasser in Ihrer Entscheidung frei, wen Sie als Erben einsetzen. Das Gesetz sieht jedoch Schutzregelungen vor, damit bestimmte nahe Angehörige des Verstorbenen nicht vollkommen leer ausgehen, sondern auch einen bestimmten Anteil am Vermögen erhalten.
Dieser Pflichtteilsanspruch muss in jedem Fall erfüllt sein. Auch wenn die betreffende Person im Testament weniger als den zustehenden Pflichtteil erhält, kann der fehlende Betrag von den Erben verlangt werden.
Einen Pflichtteilsanspruch haben
Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder, Adoptivkinder (Nachkommen),
Ehegatten und eingetragenen Partner sowie
Eltern, wenn es keine Nachkommen gibt.
Geschwister (Bruder oder Schwester) des Verstorbenen oder deren Nachkommen (Neffen, Nichten etc.) haben dagegen keinen Pflichtteilsanspruch.
Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. Die Eltern des Verstorbenen haben dagegen Anspruch auf 1/3 des gesetzlichen Erbanteils. Das gesetzliche Erbrecht kommt dann zur Anwendung, wenn der Verstorbene kein Testament hinterlässt und legt bestimmte Quoten für die nahen Angehörigen am Vermögen fest.
Wie hoch die gesetzliche Erbquote ist, lesen Sie hier: Kein Testament vorhanden – wer erbt wie viel?
Beispiele:
Die Ehefrau hat, wenn Kinder vorhanden sind, einen Anspruch auf die gesetzliche Erbquote von 1/3 des Erbes – ihr Pflichtteilsanspruch würde daher 1/6 betragen.
Kinder erhalten 2/3 des Erbes nach dem gesetzlichen Erbrecht, wenn der Ehepartner des Verstorbenen noch lebt. 2 Kinder würden daher jeweils einen Pflichtteilsanspruch von 1/6 des Vermögens haben (jeweils die Hälfte der gesetzlichen Erbquote von 1/3)
Hinterlässt der Verstorbene 4 Kinder und eine Ehefrau, beträgt der Pflichtteilsanspruch der Kinder jeweils 1/12 (die Hälfte der gesetzlichen Erbquote von 1/6).
Grundsätzlich berechnet sich der Pflichtteilsanspruch von vorhandenen Vermögen abzüglich der Schulden und der Verfahrenskosten. Auch Schenkungen zu Lebzeiten an pflichtteilsberechtigte Personen oder Dritte können dem Vermögen unter Umständen zugrechnet werden – eine Berechnung des Pflichtteilsanspruchs kann daher sehr kompliziert sein. Eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar ist daher dringend zu empfehlen.
Wenn sich pflichtteilsberechtigte Personen nicht sicher sind, wie hoch das Erbe wirklich ist, können sie die Schätzung des Erbes verlangen.
Pflichtteilsberechtigte Personen haben keinen Anspruch auf bestimmte Vermögenswerte des Verstorbenen, sondern haben immer nur eine Geldforderung. Der Erbe muss Ihnen den Pflichtanteil daher in Geld auszahlen.
Wichtig ist, dass Sie ihren Pflichtteilsanspruch rechtzeitig geltend machen. Dieser verjährt nämlich innerhalb von 3 Jahren. Die Frist beginnt ab der Testamentskundmachung zu laufen.
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