Seit 1. Juni 2006 gilt in Österreich das neue Gesetz über die Patientenverfügung.Das Gesetz unterscheidet beachtliche und verbindliche Patientenverfügungen. Während der Arzt bei der verbindlichen Patientenverfügung an die Erklärung des Patienten gebunden ist, kann der Arzt bei der beachtlichen Patientenverfügung von dem darin zu Grunde gelegten Willen des Patienten abweichen.
Wird eine Patientenverfügung verbindlich erstellt, kann davon im Ernstfall nicht abgewichen werden. Sachwalter, Gerichte, Angehörige und selbstverständlich auch Ärzte sind somit in ihrer weiteren Vorgehensweise daran gebunden. In einer verbindlichen Patientenverfügung müssen die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, konkret beschrieben sein oder eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügung hervorgehen. Aus der Patientenverfügung muss zudem erkennbar sein, dass der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt.
Damit eine verbindliche Patientenverfügung wirksam ist müssen laut Gesetz folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Es muss eine umfassende ärztliche Aufklärung einschließlich einer Information über die Folgen der Patientenverfügung für die medizinische Behandlung stattgefunden haben. Der aufklärende Arzt hat Aufklärung und das Vorhandensein der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren. Der Arzt muss auch darlegen, dass (und aus welchen Gründen) der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt.
Errichtung vor einem Rechtsanwalt, Notar oder Patientenvertreter: Die Patientenverfügung ist auch nur dann gültig, wenn sie schriftlich unter Angabe des Datums vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen errichtet worden ist und der Patient über die Folgen der Patientenverfügung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs belehrt worden ist.
Zeitliche Begrenzung: Eine Patientenverfügung ist nur für maximal 5 Jahre gültig und bedarf danach einer Erneuerung.
Wird eine der oben genannten Voraussetzungen, die eine verbindliche Patientenverfügung erfordert, nicht erfüllt, ist sie dennoch beachtlich. Beachtlichkeit bedeutet zuerst einmal, dass keine Verbindlichkeit gegeben ist, allerdings muss sie in die Entscheidung über die Behandlungsmethode einfließen und im Falle einer Nichtentsprechung der beachtlichen Verfügung ist dies auch zu begründen.
Im Zentrum steht dabei die Ermittlung des Willens des Schwerkranken bzw Schwerverletzten. Je näher die abgegebene Verfügung den Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung kommt, desto höher wird der Bedeutungsgehalt.
Insbesondere zu berücksichtigen ist:
inwieweit der Patient die Krankheitssituation, auf die sich die Patientenverfügung bezieht, sowie deren Folgen im Errichtungszeitpunkt einschätzen konnte;
wie konkret die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, beschrieben sind;
wie umfassend eine der Errichtung vorangegangene ärztliche Aufklärung war;
inwieweit die Verfügung von den Formvorschriften für eine verbindliche Patientenverfügung abweicht;
wie häufig die Patientenverfügung erneuert wurde und
wie lange die letzte Erneuerung zurückliegt.
Unwirksam ist eine Patientenverfügung jedenfalls dann,
wenn sie nicht frei oder ernstlich abgegeben wurde oder durch Irrtum, List oder Zwang jeder Art erlangt wurde;
wenn der Inhalt strafgesetzlich verboten ist (Euthanasie – Sterbehilfe);
wenn sich der Stand der medizinischen Wissenschaft im Hinblick auf den Inhalt der Patientenverfügung seit ihrer Errichtung wesentlich geändert, tritt die Patientenverfügung ebenfalls automatisch außer Kraft. Der Zweck liegt darin, es zu vermeiden, dass möglicherweise bahnbrechende Behandlungsmethoden nicht angewandt werden könnten, nur weil diese im Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung vom Ersteller noch nicht berücksichtigt werden konnten.
Zuletzt hat jeder zu jeder Zeit in jeglicher Form die Möglichkeit, eine vormals errichtete Patientenverfügung zu widerrufen.
Neben der Patientenverfügung besteht seit einiger Zeit noch die Möglichkeit, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Für den Fall, dass er in Zukunft bestimmte Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln kann, hat jeder die Möglichkeit, einer Person oder auch mehreren Personen, zu der er besonderes Vertrauen hat, vorsorglich eine Vollmacht zu erteilen. Diese so genannte Vorsorgevollmacht tritt erst beim späteren Verlust der Handlungsfähigkeit in Kraft. Es wird somit der Person des Vertrauens bereits im Vorhinein für den Fall des Verlustes der Geschäftsfähigkeit, der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder der Äußerungsfähigkeit eine Vollmacht für bestimmte Angelegenheiten erteilt.
Dies kann natürlich auch die Vertretung in medizinischen Belangen mitumfassen, wobei in diesem Fall eine qualifizierte Vorsorgevollmacht vorliegt, die ihrerseits ausschließlich vor Rechtsanwälten etc. abgelegt werden kann und die Bezeichnung der genauen Angelegenheiten zu beinhalten hat.
Es gibt dabei einige Formvorschriften für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht zu beachten. So ist diese
mittels eigener Handschrift und eigener Unterschrift
oder vor Rechtsanwälten, Notaren oder vor einem Gericht zu errichten.
Zuletzt kann auch ein Formular ausgefüllt werden, welches vom Vollmachtgeber und drei Zeugen zu unterschreiben ist.
Vollmachten können im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) von einem Rechtsanwalt oder einem Notar registriert werden.
Eine Abklärung, welche Variante für Ihre persönliche Situation adäquat ist, kann vertrauensvoll und kompetent bei einem Rechtsanwalt für Medizinrecht abgeklärt werden.
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