Mag. Johannes Stephan Schriefl im Interview: Wann darf der Immobilienmakler keine Provision verlangen?

Welche Informationspflichten treffen einen Immobilienmakler? Wann hat der Makler keinen Anspruch auf Provision? Egal ob man eine Wohnung mietet oder kauft, fast jeder beansprucht im Laufe seines Lebens die Dienste eines Immobilienmaklers und stellt sich diese Fragen – Rechtsanwalt Mag. Johannes Stephan Schriefl im Interview mit meinanwalt.at

Mag. Johannes Stephan Schriefl | 07.03.2016 | Liegenschafts- und Immobilienrecht Seite drucken

meinanwalt.at: Herr Mag. Schriefl, Sie sind als selbstständiger Rechtsanwalt in Mödling tätig. Möchten Sie Ihre Kanzlei unseren Nutzern etwas näher vorstellen?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Ich habe seit nunmehr 8 Jahren meine eigene Kanzlei, in der aktuell 3 Juristen tätig sind.

meinanwalt.at: Wer kann zu Ihnen kommen? In welchen Rechtsbereichen sind Sie vorwiegend tätig?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Wir vertreten Unternehmen und Private, vor allem in Rechtsproblemen, die das tägliche Leben betreffen.

meinanwalt.at: So mancher unserer Nutzer dürfte Sie auch aus dem Radio kennen. Bei Kronehit Radio gegeben Sie regelmäßig Interviews zu verschiedenen rechtlichen Themen. Wie kam es dazu?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Ich habe vor einigen Jahren die Möglichkeit bekommen, Kronehit Radio zu aktuellen Rechtsthemen meine fachliche Einschätzung geben zu dürfen. Über die Jahre hat sich das vertieft, da es mir offensichtlich ganz gut gelingt, den Hörern von Kronehit Rechtsprobleme verständlich erklären zu können.

meinanwalt.at: Heute möchten wir mit Ihnen über das Maklerrecht sprechen. Welche rechtlichen Probleme tauchen in Ihrer anwaltlichen Praxis in diesem Bereich am häufigsten auf?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Der häufigste Streitpunkt im Zusammenhang mit Immobilienmaklern ist die Frage der Verdienstlichkeit. Welche Leistungen muss ein Immobilienmakler bringen, damit er seine Provision verlangen darf.

meinanwalt.at: Was ist bei Abschluss eines Maklervertrags besonders wichtig?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Die Immobilienmakler treffen besondere Hinweispflichten, so zum Beispiel wenn er als Doppelmakler auftritt, oder zum Anbieter ein Naheverhältnis hat. Wichtige Hinweispflichten ergeben sich insbesondere auch dann, wenn der Interessent ein Konsument ist, denn dann hat der Immobilienmakler besondere Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes zu beachten.

meinanwalt.at: Welche Pflichten treffen einen Makler, wenn er beauftragt wird?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Der Immobilienmakler muss dem Interessenten einen umfassenden Überblick über das Objekt geben, wobei er für die Richtigkeit der rechtlichen Informationen, z.B. bauliche Eignung, Nutzungsmöglichkeiten, etc. haftet. Weiters muss der Immobilienmakler den Interessenten, wenn er Konsument ist, umfassend über die aus der Vermittlung voraussichtlich erwachsenden Kosten informieren.

meinanwalt.at: Welche Möglichkeiten hat der Konsument, wenn der Makler diese Informationspflichten verletzt?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Je nach Verletzung der den Immobilienmakler treffenden Verpflichtungen kann dies zur Minderung, sogar bis zum Entfall des Provisionsanspruchs des Immobilienmaklers führen.

meinanwalt.at: Ein anderes wichtiges Thema neben Informationspflichten ist für Konsumenten die Maklerprovision. Wie hoch darf diese sein?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Festgelegt sind höchst zulässige Provisionssätze, die nicht überschritten werden dürfen. Die Provision darf gleichzeitig vom Abgeber und auch vom Interessenten verlangt werden. Das Mindesterfordernis der verdienstlichen Tätigkeit ist die sogenannte Namhaftmachung, das ist die Nennung eines bisher unbekannten Interessenten.

Die Höhe des Provisionsanspruches können Sie der Homepage der OVI, dem österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft entnehmen. Die Provisionssätze richten sich nach der Art des vermittelten Objektes oder Rechtsgeschäftes.

meinanwalt.at: Besteht auch ein Anspruch auf Provision, wenn der Makler kein Objekt finden konnte oder der Auftraggeber mit der Auswahl nicht zufrieden ist?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Der Provisionsanspruch entsteht erst mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäftes. D.h., sollte ein Interessent keinen Gefallen an einem Objekt finden, muss er auch keine Provision bezahlen. Mit einem Interessenten können jedoch Vereinbarungen getroffen werden, dass die Provision auch dann gezahlt werden muss, wenn dieser Endzweck gleichwertiges Geschäft abschließt.

meinanwalt.at: Entsteht ein Provisionsanspruch auch dann, wenn der Erstkontakt durch den Makler zustande gekommen ist, der Mietvertrag dann aber ohne den Makler abgeschlossen wurde?

Mag. Johannes Stephan Schriefl: Dies ist der klassische Fall für ein gleichwertiges Geschäft. Voraussetzung ist für den Provisionsanspruch in diesem Fall, dass der Immobilienmakler eine kausale verdienstliche Leistung für den Abschluss dieses Rechtsgeschäftes erbracht hat.

meinanwalt.at: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Zur Person:

Mag. Johannes Stephan Schriefl ist selbständiger Rechtsanwalt in Mödling. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählt das Unternehmensrecht, Vertragsrecht, Urheberrecht, Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht, Baurecht, Immobiliensrecht und Strafrecht. Er berät sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen. Zusätzliche Informationen und Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Johannes Stephan Schriefl bei meinanwalt.at sowie auf seiner Website.

 

Bild Copyright: Bigstock

Haftungsausschluss: Die auf dieser Website bereit­gestellten Artikel/Inhalte stellen Tipps von Experten dar und ersetzen dennoch keine rechtliche Beratung. Jede Haftung für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität ist ausgeschlossen.

Share on Social Media

auf Facebook teilen auf Twitter teilen auf LinkedIn teilen auf Xing teilen

Aktuelle Artikel

Nach oben