Seit der Novelle des Kindschaftsrechts im Jahr 2013 wird nicht mehr der Ausdruck „Besuchsrecht“ verwendet, sondern es heißt jetzt „Kontaktrecht“. Dadurch soll ausgedrückt werden, dass der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil nicht auf die Rolle eines Besuchers beschränkt bleibt, sondern das Kontaktrecht Ausdruck eines besonderen Naheverhältnisses zum Kind ist.
Durch die Gesetzesnovelle wurde auch die Wohlverhaltenspflicht der Eltern verankert. Beide Elternteile müssen den Kontakt des anderen Elternteils zum Kind nicht nur dulden, sondern auf das Kind dahingehend einwirken, dass der Kontakt mit dem anderen Elternteil ermöglicht wird bzw. das Kind mitgeht. Die Eltern sollen es unterlassen, sich gegenseitig zu beleidigen oder schlecht zu machen, sondern die Beziehung zum Kind zu fördern. Dies gilt sowohl für den betreuenden Elternteil als auch den anderen Elternteil.
WICHTIG: Kommt ein Elternteil seiner Wohlverhaltenspflicht nicht nach, kann dies zur Einschränkung oder Entzug des Kontaktrechts bzw. auch der Obsorge führen.
Können sich die Eltern nicht auf eine Kontaktvereinbarung einigen, wird das Ausmaß des Kontaktrechts durch das Gericht festgelegt. Oberster Grundsatz bei der Kontaktregelung ist das Kindeswohl. Dabei werden Alter, Bedürfnisse und Wünsche des Kindes sowie die Intensität des bisherigen Kontaktausmaßes berücksichtigt. Auch werden Besonderheiten des Einzelfalls (bspw. Wohnsitzentfernung) in die Entscheidung des Richters miteinbezogen.
Eine Mindestkontaktzeit ist gesetzlich nicht vorgegeben. Die muss immer im Einzelfall anhand der Bedürfnisse des Kindes entschieden werden. Kommt keine einvernehmliche Regelung zustande, orientiert sich das durch den Richter festgesetzte Besuchsrecht an den oben genannten Faktoren.
Grundsatz: Obwohl es keine gesetzliche Mindestkontaktzeit gibt, sollte dennoch in der Regel zumindest 1x in der Woche ein Kontakt angestrebt werden. Bei einem 14-tägigen Wochenendbesuchsrecht empfiehlt sich daher ein zusätzlicher Kontakttag unter der Woche.
Das Alter des Kindes spielt im Rahmen der Festlegung der Kontakthäufigkeit eine große Rolle:
Bei Kleinkindern (0-3 Jahre) werden häufige, aber eher kürzere Kontakte (2x pro Woche für 2-3 Stunden) angemessen sein. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass sehr junge Kinder nicht zu lange von ihrer Hauptbezugsperson getrennt sein sollten. Demgegenüber sind kurze Intervalle zwischen den Kontakten zu bevorzugen, da hier eine Bindung besser entstehen kann.
Mit zunehmenden Alter (ab 3 Jahren) können die Besuche länger andauern – etwa in Form von Übernachtungen oder mehrere aufeinander folgende Tage in den Ferien. Auch können sich hier die Besuchs-Intervalle vergrößern. Dennoch sollte auch hier ein Besuchsrecht 1x in der Woche vereinbart werden.
Bei Kindern über 6 Jahren wird aufgrund der Schulpflicht in der Regel ein 14-tägiges Wochenend-Kontaktrecht vereinbart. Hier sollte ein weiterer zusätzlicher Besuchstag unter der Woche stattfinden.
Auch gilt allgemein, dass sich die Bedürfnisse des Kindes mit zunehmendem Alter ändern (soziales Umfeld, Freundeskreis) und sich die Eltern an diese Umstände anzupassen haben. Ein starres Festhalten an einer eingeübten Besuchspraxis ist daher nicht zu empfehlen, sondern kann im Gegenteil für das Kind belastend werden. In diesem Sinne sollte bestmöglich auf die Wünsche des Kindes eingegangen werden.
Dass der andere Elternteil nicht in die Rolle eines Besuchers gedrängt werden soll, spiegelt sich auch in der Tatsache, dass der Kontakt zum Kind nicht nur in der Freizeit erfolgen soll, sondern auch im Alltagsleben stattfinden und gleichzeitig den anderen Elternteil entlasten soll. Der Kontakt sollte daher nicht nur auf das Wochenende beschränkt bleiben, sondern auch an den Wochentagen zu Stande kommen.
Bei unter 14-Jährigen kann das Kontaktrecht nur verweigert werden, wenn seitens des Besuchsberechtigten Elternteils (1) Gewalt gegen das Kind ausgeübt wurde oder (2) eine tiefverwurzelte heftige Abneigung gegen den Kontaktberechtigten besteht, die nicht zu beseitigen ist. In anderen Fällen wird es als Versäumnis des betreuenden Elternteils angesehen, wenn ein Kind den Kontakt verweigert
WICHTIG: Bei über 14-Jährigen darf das Kontaktrecht nicht gegen deren Willen durchgesetzt werden. Das Kind kann daher frei entscheiden, ob ein Kontakt stattfinden soll und wie lange.
HINWEIS: Weigert sich das Kind permanent gegen eine Kontaktaufnahme, so kann der Pflichtteil des Kindes auf die Hälfte gekürzt werden.
Sind bei Ausübung des Kontaktrechts Schwierigkeiten zu erwarten, so kann auf Antrag eine geeignete Person zur Unterstützung des Ausübung des Kontaktrechts herangezogen werden. Diese Person soll den Übergabe als auch den Kontaktablauf überwachen bzw. unterstützend eingreifen.
Besuchsbegleitungen sollten neutrale Personen sein – das können sowohl gemeinsame Bekannte oder entferntere Familienangehörige sein. Aber auch professionelle Personen wie Sozialarbeiter, Psychiater, Psychologen, Mediatoren etc. kommen hier in Frage.
Die Kosten werden in der Regel durch die Person getragen, die das Kontaktrecht anstrebt. Um Kosten zu sparen, kann es in manchen Fällen ausreichen, die Besuchsbegleitung auf den Zeitpunkt der Übergabe zu beschränken.
Nein! Wird der Unterhalt nicht, oder nur unregelmäßig gezahlt, so hat dies keinen Einfluss auf das Kontaktrecht eines Elternteils.
Ja! Dass ein neuer Partner bei dem Kontakt mit dem Kind anwesend ist, ist für den betreuenden Elternteil kein Grund, das Kontaktrecht zu verweigern.
Aus besonders schwerwiegenden Gründen kann das Kontaktrecht eingeschränkt bzw. ausgesetzt werden, um eine Gefährdung des Kindeswohls hintanzuhalten. Dies ist etwa dann der Fall,
wenn gegen das Kind oder eine wichtige Bezugsperson Gewalt ausgeübt wird;
bei Verstoß gegen die Wohlverhaltensregeln – also die Verpflichtung, alles zu tun, damit der Kontakt entsteht;
wenn das Kind im Rahmen des Kontaktrechts schwer vernachlässigt wird;
wenn das Kind in seiner Beziehung zum betreuenden Elternteil unerträglich gestört oder gegen diesen Elternteil aufgehetzt wird;
wenn das Kind durch den Kontakt sexuell gefährdet wird.
Ist eine Einigung der Eltern einvernehmlich nicht möglich, kann ein Antrag auf eine Kontaktrechtsregelung beim Bezirksgericht des Wohnsitzes des Kindes gestellt werden. Ein solcher Antrag kann mündlich oder schriftlich gestellt werden. Ein Rechtsanwalt für Familienrecht unterstützt Sie hierbei.
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