Kindesentführung - was ist zu tun?

Was kann ich tun wenn mein Kind von meinem Partner gegen meinen Willen entführt wird? Wir geben Ihnen folgend einen Überblick.

Mag. iur. Daisy Vlatka ADLER | 17.09.2020 | Strafrecht | Familienrecht Seite drucken

Was ist zu tun, wenn ein Kind in einem anderen Land unzulässig hingebracht oder dort zurückgehalten wird?

Das Thema dieses Artikels ist die internationale Kindesentführung, sowie die materiell-rechtlichen und prozess-rechtlichen Regelungen.

Die Familiendramen beginnt sehr oft mit den Worten:

„Mein Ex-Mann will mir die Kinder nach den Sommerferien nicht mehr nach Österreich bringen. Er will die Kinder bei sich behalten! Die Kinder müssen in 10 Tagen in die Schule in Österreich. Was soll ich tun?“

Es geht aber auch in die andere Richtung:

„Meine Frau ist zum Elternbesuch nach Österreich gegangen und hat unser gemeinsames Kind mitgenommen. Jetzt will sie nicht mehr zurück. Wie bekomme ich mein Kind dazu zurück nach Hause zu kommen?“

In beiden Fällen spricht man von einer Kindesentführung. Und zwar eine Kindesentführung die seitens eines Elternteils gemacht wird.

Was genau bedeutet der Begriff „Kindesentführung“?

Das Thema der Kinderentführung ist heutzutage ein spannendes Thema in der Welt, aber besonders in der EU. Mit der steigenden Anzahl von Ehen und Lebensgemeinschaften zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten haben auch die Umzüge in ein anderes Land zugenommen.

Es gibt immer wieder Elternteile, die wegen der schlechten Ehe bzw. Scheidung, wegen der neuen Liebe oder auf der Suche nach einem besseren Job, das Land verlassen und das Kind mitnehmen. Manchmal geht es um ehelichen Kinder, manchmal um unehelichen Kinder. Die Tatsache ist, dass in versichernden EU Länder die Obsorge verschieden geregelt ist und dementsprechend können die Elternteile von den ehelichen als auch den unehelichen Kindern Obsorgerechte haben.

Dabei ist die Neigung von Elternteilen, nach der Trennung oder Scheidung von dem anderen, das Land des gemeinsamen Wohnsitzes mit den gemeinsamen Kindern eigenmächtig zu verlassen, deutlich gewachsen.

Natürlich wäre der richtige Weg, dass jener Elternteil, der die Absicht hat, das Land zu verlassen, sein Recht vor Gericht abklären lässt, ob er das Kind mitzunehmen kann. Aber gerade das passiert in den wenigsten Fällen aus verschiedenen Gründen. Die Gründe, die am häufigsten vorkommen sind:

a) der andere Elternteil würde dann wissen, dass die Absicht besteht das Kind in ein anderes Land mitzunehmen, und würde alles tun um das zu verhindern;

b) die gerichtliche Prozedur würde wahrscheinlich zu lange dauern und das Risiko von einem Misserfolg (keine Genehmigung das Land mit dem Kind zu verlassen) ist zu groß.

Und was passiert dann? Dieser „verlassende“ Elternteil nimmt das Leben in seine Hände und geht einfach mit dem Kind in das andere Land!

Der andere Elternteil akzeptiert das nicht und „der Krieg“ beginnt!

Die sachliche Definition der Kindesentführung

EUEheVo definiert der Begriff als widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das aufgrund einer Entscheidung oder kraft Gesetzes oder aufgrund einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung nach dem Recht des Mitgliedstaats besteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Und wenn das Sorgerecht zum Zeitpunkt des Wegbringen oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, wenn das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.

Von einer gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts ist auszugehen, wenn einer der Träger der elterlichen Verantwortung aufgrund einer Entscheidung oder kraft Gesetzes nicht ohne die Zustimmung des anderen Trägers der elterlichen Verantwortung über den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen kann.

Regelungen für den Fall der Kindesentführung

Die HKÜ-Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 beinhaltet die materiellrechtlichen und prozessrechtlichen Regelungen für die Kindesentführung, wobei die HKÜ nicht auf die EU-Länder beschränkt ist und von ca. 90 Staaten ratifiziert wurde. Die Brüssel IIa Verordnung Nr. 2201/2003 (EUEheVO) beinhaltet die prozessrechtlichen Regelungen, diese kommen nur zwischen den EU-Mitgliedstaaten zum Tragen.

Was ist das Ziel von HKÜ und EUEheVO in Bezug auf Kindesentführung?

Das oberste Ziel ist die Sicherstellung der sofortigen Rückgabe widerrechtlich in einen anderen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder.

Dem Kindeswohl entsprechend, sollten diese Verfahren schnell durchgeführt werden. Das Ziel ist, die Kinder schnellst möglich in ihre gewohnte Umgebung zurückzubringen. Deswegen sollten diese Prozesse in 6 Wochen oder ein paar Monaten beendet werden.

Und was kann man dann tun, wenn das eigene Kind in einem anderen Land widerrechtlich verbracht oder dort zurückgehalten wird?

Man kann und man soll sofort ein sog. HKÜ-Verfahren einleiten. D.h. man sollte in Österreich beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz einen Antrag auf Rückgabe des Kindes (https://portal.justiz.gv.at/at.gv.justiz.formulare/Justiz/Entfuerung.aspx) stellen.

In jedem anderen Vertragsland der HKÜ sollte es eine zentrale Behörde geben, wo man einen solchen Antrag stellen kann.

Das Verfahren sollte weiter in der Mediation oder vor dem Gericht weitergeleitet werden. Es sollte ein schnelles Verfahren sein, dass die Rückkehr des Kindes in kurzer Zeit versichert. Leider ist es nicht jedes Mal so!

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