Grundsätzlich können Arbeitnehmer in Österreich auch im Krankenstand gekündigt werden. Einen besonderen Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer in diesem Fall nicht. Die Kündigung kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Eine Kündigung kann aufgrund von
verpönten Motiven (zB Mitgliedschaft des Arbeitnehmers bei Gewerkschaften oder im Betriebsrat);
bei Sozialwidrigkeit sowie
bei Vorliegen sonstiger unzulässiger Gründe (Diskriminierung, Behinderung, Karenz) angefochten werden.
Sozialwidrig ist eine Kündigung dann, wenn „wesentliche Interessen“ (schlechte Aussichten des Arbeitnehmers, einen neuen Job zu finden; mehrere Kinder, für die der Arbeitnehmer Unterhalt leisten muss) des Arbeitnehmers beeinträchtigt sind.
Dem Arbeitgeber steht es allerdings frei zu beweisen, dass die Kündigung durch Umstände, die (1) in der Person des Gekündigten liegen oder aus (2) betrieblichen Gründen, erforderlich ist. Ein persönlicher Grund liegt eben auch dann vor, wenn besonders hohe Zeiten des Krankenstandes vorliegen. Es gibt aber keine exakt definierten Obergrenzen.
Nur wenn die betrieblichen Interessen jenen des Arbeitnehmers überwiegen, bleibt die Kündigung aufrecht. Dabei wird festgestellt, ob es einem durchschnittlichen Arbeitgeber der Branche zumutbar ist, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Dagegen wird die Intensität der Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitnehmers abgewogen. Es handelt sich dabei immer um Einzelfallentscheidungen.
Häufigkeit und Dauer der Krankenstände sind bei der Frage, ob die betrieblichen Interessen schwerer wiegen als die Interessen des Arbeitnehmers, zu berücksichtigen. Es gibt jedoch keine exakt definierten Obergrenzen.
In einer Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2011 wurde etwa ausgesprochen, dass ein ununterbrochener Krankenstand von 8 Monaten nach einem Arbeitsunfall üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr in Kauf genommen wird. In einem weiteren Fall aus dem Jahr 2014 wurde ausgesprochen, dass ein durchschnittlicher jährlicher Krankenstand von 31,6 Tagen über eine Periode von 5 Jahren eine Kündigung rechtfertigt. Der Krankenstand dauerte in den Jahren von 2008 bis 2011 jeweils zwischen 19 und 50 Tagen pro Jahr. Auch in jenen Fällen, in denen Arbeitnehmer beinahe ein Drittel der gesamten Arbeitszeit im Krankenstand verbrachten, wurde eine Kündigung als sozial adäquat angesehen.
Kommt es durch die mangelnde Einsetzbarkeit der Arbeitskraft zu einem Leistungsausfall, der auch nicht mehr durch eine Vertretung kompensiert werden kann, ist eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber gegenüber unzumutbar. Der Blick ist auch auf die Zukunft zu richten. Sofern ein verständiger Arbeitgeber aus objektiver Sicht davon ausgehen kann, dass auch künftig erhöhte Krankenstandzeiten anfallen werden, indiziert dies eine gerechtfertigte Kündigung.
Im Unterschied zur Kündigung muss bei einer Entlassung ein wichtiger Grund vorliegen. Eine Entlassung wirkt sofort und Arbeiter verlieren in der Regel auch ihr Recht auf die anteiligen Sonderzahlungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld). Welche Gründe eine Entlassung rechtfertigen, ergibt sich aus dem Gesetz (§ 27 AngG, § 82 GewO). Eine Entlassung kommt daher aufgrund von Krankenständen nicht in Betracht.
Sehr wohl ist aber eine Entlassung zulässig, wenn ein Krankenstand vorgetäuscht wird. Durch die Inanspruchnahme eines unrechtmäßigen Krankenstandes wird der Dienstgeber nicht nur finanziell geschädigt, es kommt auch zu einem Vertrauensbruch, der keine weitere Beschäftigung zulässt.
Ein Krankenstand befindlicher Arbeitnehmer ist verpflichtet, den auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit abzielenden Anordnungen eines Arztes nachzukommen und diesen nicht zuwider zu handeln. Eine negative Beeinflussung oder Verzögerung des Krankheits- beziehungsweise Heilungsverlaufs kann eine Entlassung ebenso rechtfertigen. Eine durch (unverschuldete) Krankheit oder Unglücksfall bedingte Arbeitsunfähigkeit kann dann zur Entlassung beitragen, wenn sie zu einer dauernden Dienstunfähigkeit führt.
Gerade bei der Einschätzung, ob die Kündigungsanfechtung im Rahmen eines Interessenvergleiches bei Krankenständen erfolgreich sein wird, ist eine anwaltliche Expertise dringend erforderlich. Es bedarf einer gezielten Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung, um mögliche künftige Fälle richtig einschätzen zu können.
Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht berät Sie darüber, ob eine Anfechtung sinnvoll ist und führt diese gemeinsam mit Ihnen durch. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung wird die Kündigung nachträglich aufgehoben.
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