Interview mit Rechtsanwalt Dr. Christian Hafner: Einbringung von Einzelunternehmen in eine GmbH

Ab einer bestimmten Einkommens-(Gewinn)höhe kann es steuerlich deutlich vorteilhafter sein, ein Unternehmen in Form einer GmbH anstatt als Einzelunternehmen zu führen. Auch die Haftungsbeschränkung ist für die Eigentümer einer GmbH sehr attraktiv. Doch wie funktioniert eine solche Einbringung und was muss beachtet werden? Im Interview mit meinanwalt.at informiert Rechtsanwalt Dr. Christian Hafner über die Vorteile und Möglichkeiten.

Dr. Christian HAFNER | 03.09.2015 | Gesellschaftsrecht Seite drucken

meinanwalt.at: Herr Dr. Hafner, Sie sind Rechtsanwalt bei der renommierten Wirtschaftskanzlei Hasch & Partner. Können Sie uns etwas über Ihren bisherigen Werdegang erzählen?

Dr. Christian Hafner: Nach Beendigung meines Studiums der Rechtswissenschaften im Jahr 2007 und nach Absolvierung des Gerichtsjahres begann ich meine Ausbildung als Rechtsanwaltsanwärter in zwei renommierten Anwaltskanzleien. Seit beinahe sechs Jahren bin ich nunmehr bei Hasch & Partner tätig und habe in dieser Zeit das Doktoratsstudium beendet sowie die Rechtsanwaltsprüfung absolviert. Seit Oktober 2012 bin ich als Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig.

meinanwalt.at: Welche Art von Mandanten betreuen Sie vorwiegend? In welchen Rechtsgebieten sind Sie überwiegend tätig?

Dr. Christian Hafner: Ich berate Unternehmen in allen Größenklassen, vorwiegend jedoch kleine und mittlere Unternehmen. Mein Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Gesellschaftsrecht, dh ich berate bei der Gründung eines Unternehmens, bei Veränderungen an bestehenden Unternehmen (wie zB Änderungen des Gesellschaftsvertrages), beim Kauf und Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensanteilen, aber auch bei Umgründungsmaßnahmen, wie zB bei Verschmelzungen, Spaltungen oder der hier besprochenen Einbringung. Darüber hinaus berate ich bei mietrechtlichen Themen und unterstütze bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen vor Gericht.

meinanwalt.at: Seit ca 10 Jahren ist es sehr beliebt geworden, Einzelunternehmen in eine GmbH einzubringen. Woran liegt das?

Dr. Christian Hafner: Seit der Senkung der Körperschaftssteuer von 34 % auf 25 % ist die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH steuerlich sehr attraktiv geworden. Ab diesem Zeitpunkt haben zahlreiche Einzelunternehmer ihre Betriebe unter Anwendung der Begünstigungen des Umgründungssteuergesetzes in die Rechtsform einer GmbH eingebracht.

meinanwalt.at: Welche steuerlichen Vorteile sind mit einer GmbH gegenüber einem Einzelunternehmen verbunden?

Dr. Christian Hafner: Als GmbH-Gesellschafter wird derzeit in Summe 43,75 % des Gewinns versteuert, nämlich zunächst 25 % Körperschaftsteuer (KÖSt), der Restbetrag wird bei Ausschüttung an den Gesellschafter mit 25 % Kapitalertragssteuer (KESt) belastet. Dies ist deutlich günstiger als die Besteuerung der Personengesellschaft oder eben des Einzelunternehmers, die für Teile ihrer Einkünfte bis zu 50 % Einkommensteuer bezahlen müssen. Vor allem bei Wachstumsunternehmen, die ihre Gewinne nicht ausschütten, ist der Gewinn lediglich mit 25 % KÖSt zu besteuern. Die Umgründung in eine GmbH kann somit ab einer gewissen Höhe des Unternehmensgewinnes bzw. des steuerpflichtigen Einkommens einen steuerlichen Vorteil bieten.

meinanwalt.at: Hat die Steuerreform 2016 irgendwelche Auswirkungen auf diese Vorteile?

Dr. Christian Hafner: Durch die Steuerreform 2016 und die damit verbundene Erhöhung der KESt auf 27,5 % ab 01.01.2016 erhöht sich die Gesamtbelastung bei der GmbH zukünftig auf 45,625 %. Die steuerlichen Vorteile werden somit geringer. Da auch der Einkommensteuertarif ab 01.01.2016 geändert wird, ist es von besonderer Wichtigkeit und jedenfalls zu empfehlen, sich jeden Einzelfall gemeinsam mit einem Rechtsanwalt oder Steuerberater durchzurechnen und die für jede Unternehmerin und jeden Unternehmer beste Rechtsform zu finden.

meinanwalt.at: Welche weiteren Vorteile bietet die GmbH gegenüber einem Einzelunternehmen neben der geringeren Steuerlast noch?

Dr. Christian Hafner: Ein wesentlicher Vorteil der GmbH ist die Haftungsbeschränkung für die Eigentümer (Gesellschafter). Während der Einzelunternehmer mit seinem privaten Vermögen unbegrenzt für die Schulden des Unternehmens haftet, ist die Haftung des Gesellschafters bei der GmbH mit der voll einbezahlten Stammeinlage begrenzt. Darüber hinaus werden im Falle einer Einbringung durch die Anwendung des Umgründungssteuergesetzes vorläufig stille Reserven nicht aufgedeckt. Eine Einbringung wird zudem in der Regel zur Vorbereitung für eine mögliche Unternehmens-(Anteils)veräußerung bei der GmbH durchgeführt. Eine Kapitalgesellschaft macht es für UnternehmerInnen zudem auch einfacher, Investoren, wie zB Business Angels, Venture Capital Fonds oder Private Equity Fonds, zu finden und an Bord zu holen.

meinanwalt.at: Wird die GmbH bei einer Einbringung automatisch Vertragspartnerin, etwa bei bestehenden Kunden oder Lieferanten?

Dr. Christian Hafner: Zivilrechtlich erfolgt der Vermögensübergang bei der Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Gemäß § 38 UGB gehen die unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse bei der Übertragung von Unternehmen automatisch über, sofern nicht der Vertragspartner – binnen einer Frist von drei Monaten nach der Mitteilung vom Unternehmensübergang – der Übernahme des Vertragsverhältnisses widerspricht. Auch Arbeitsverhältnisse gehen auf den Erwerber über. Der Arbeitnehmer hat jedoch unter den Voraussetzungen des § 3 AVRAG ein Widerspruchsrecht.

Zu beachten ist zudem, dass der Einbringende für Verbindlichkeiten grundsätzlich weiter haftbar bleibt, jedoch nur, soweit sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Unternehmensübergang fällig werden.

meinanwalt.at: Gibt es hier Ausnahmen?

Dr. Christian Hafner: Höchstpersönliche Rechtsverhältnisse sind von dieser gesetzlich normierten Vertragsübernahme ausgenommen.

meinanwalt.at: Welche Nachteile gilt es bei der GmbH zu beachten?

Dr. Christian Hafner: Bei einer GmbH entstehen höhere Kosten als bei einem Einzelunternehmer. Unabhängig von der Größe und vom Umsatz des Unternehmens ist eine doppelte Buchführung zwingend und muss ein Jahresabschluss erstellt werden, welcher – unter bestimmten Voraussetzungen – auch von einem Abschlussprüfer geprüft werden muss. Der Jahresabschluss ist zudem im Firmenbuch offenzulegen. Zudem gibt es eine aufwendige Organisationsstruktur. Die GmbH muss zudem bei einer Bargründung vor der Einbringung gegründet (Gründungskosten) und das erforderliche Stammkapital aufgebracht werden. Es gibt bei der GmbH auch eine Mindestbesteuerung (Mindest-KöSt). Weiters kommen Kosten durch die Benachrichtigung sämtlicher Geschäftspartner über die erfolgte Einbringung und Namensänderung hinzu.

meinanwalt.at: Wie läuft die Einbringung eines Einzelunternehmens konkret ab?

Dr. Christian Hafner: Die Einbringung muss sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Eine solche kann bis zu neun Monate steuerlich rückwirkend durchgeführt werden (zB bis Ende September eines Jahres rückwirkend zum 31.12. des Vorjahres). Die GmbH kann auch kurzfristig vor dem Einbringungsvorgang neu gegründet werden und muss zum Einbringungsstichtag noch nicht bestanden haben. Damit das Umgründungssteuergesetz anwendbar ist, ist ein sogenannter Einbringungsvertrag erforderlich. In diesem Einbringungsvertrag ist der Einbringende, die aufnehmende GmbH, der Einbringungsstichtag, das definierte Einbringungsvermögen (hierfür ist ein Jahres- oder Zwischenabschluss und die darauf aufbauende Einbringungsbilanz zu erstellen) und die dafür vereinbarte Gegenleistung aufzunehmen. Wenn ein Einzelunternehmer seinen Betrieb in dessen GmbH, in welcher er Alleingesellschafter ist, einbringt, kann die Gegenleistung entfallen.

meinanwalt.at: Bei einer GmbH-Gründung müssen EUR 17.500 – im Fall einer gründungsprivilegierten GmbH EUR 5.000 – als Stammeinlage sofort bar einbezahlt werden. Wie ist das bei einer Einbringung?

Dr. Christian Hafner: Es besteht die Möglichkeit, die GmbH – als Alternative zur vorhin erwähnten Bargründung – im Wege einer Sachgründung zu errichten. Dabei wird das Einzelunternehmen, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs 2 GmbHG, als Sacheinlage in die GmbH eingebracht. Bareinlagen sind damit nicht erforderlich, sofern die zu leistenden Stammeinlagen durch das eingebrachte Vermögen gedeckt sind. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch eine reine Sachgründung der GmbH gemäß § 6a Abs 4 GmbHG – wiederum bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – denkbar wäre.

meinanwalt.at: Wird das eingebrachte Unternehmen bewertet?

Dr. Christian Hafner: Das eingebrachte Vermögen (Einzelunternehmen) muss genau definiert werden und es muss sich bei diesem Vermögen um einen Betrieb oder Teilbetrieb handeln. Das eingebrachte Vermögen muss zudem am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages einen positiven Verkehrswert haben. Bestehen Zweifel am positiven Verkehrswert, ist ein solcher durch ein entsprechendes Gutachten nachzuweisen. Diesbezüglich könnte bereits im Vorfeld ein Bewertungsgutachten eingeholt und dem Firmenbuchgericht vorgelegt werden.

meinanwalt.at: Welchen abschließenden Rat können Sie einem Einzelunternehmer hinsichtlich einer möglichen Einbringung geben?

Dr. Christian Hafner: Ob sich eine Einbringung für eine Einzelunternehmerin oder einen Einzelunternehmer lohnt, ist im Einzelfall abzuwägen. Die wesentlichen Vorteile der Haftungsbeschränkung und einer (ab einer gewissen Einkommens- bzw. Gewinnhöhe) steuerlichen Besserstellung sind stets zu berücksichtigen. Auch die besseren Möglichkeiten, das jeweilige Unternehmen auch für externe Investoren interessant zu machen, sind nicht zu vernachlässigen. Eine Durchrechnung der verschiedenen Optionen ist jedenfalls zu empfehlen.

meinanwalt.at: Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person:

Dr. Christian Hafner ist Rechtsanwalt bei der renommierten Wirtschaftskanzlei HASCH & PARTNER Anwaltsgesellschaft mbH. Er betreut Unternehmen in allen Größenklassen, vorwiegend in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Umgründungsrecht, Mergers & Acquisitions und im Mietrecht. Weitere Informationen über Dr. Christian Hafner finden Sie auch auf seinem Profil bei meinanwalt.at sowie auf der Website von Hasch & Partner.

Haftungsausschluss: Die auf dieser Website bereit­gestellten Artikel/Inhalte stellen Tipps von Experten dar und ersetzen dennoch keine rechtliche Beratung. Jede Haftung für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität ist ausgeschlossen.

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