meinanwalt.at: Frau Dr. Schön, Sie sind selbständige Rechtsanwältin in Bruck an der Leitha und in Wien. Möchten Sie uns etwas über Ihren bisherigen Werdegang erzählen?
Dr. Eva Schön: Nach dem Studium habe ich meine Ausbildung in einer namhaften Wirtschaftskanzlei begonnen. Mein Wunsch nach mehr Mandantenkontakt und Verhandlungspraxis ließ mich in eine kleine allgemein streitige Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt Familienrecht wechseln. Als selbständige Rechtsanwältin bin ich Kooperationsgemeinschaften mit Kolleginnen und Kollegen, die ebenfalls vorwiegend im Zivilrecht tätig sind, eingegangen. Durch die unterschiedlichen Spezialisierungen können die einzelnen Rechtsgebiete von uns sehr effizient betreut werden.
Einer Ihrer Schwerpunkte ist das Familienrecht. In welchen anderen Rechtsbereichen sind Sie als Rechtsanwältin beratend tätig?
Ich bin vorwiegend im Zivilrecht tätig und decke damit grundsätzlich alle streitigen Rechtsbereiche ab. Dies reicht von Forderungsbetreibungen für einige mittelgroße inländische Unternehmen über Verkehrsunfälle bis hin zu Immobilienangelegenheiten, insbesondere auch Vertragserrichtungen.
Wir möchten heute mit Ihnen über verschiedenste rechtliche Themen rund um die Scheidung sprechen. Mit welchen Problemen kommen die Mandanten in diesem Bereich zu Ihnen?
In den meisten Fällen kommen die Mandanten in einem Stadium zu mir, in dem der Entschluss, sich scheiden zu lassen, noch sehr frisch ist. Finanzielle Sorgen, insbesondere wenn das Eigenheim mit dem Ehepartner kreditfinanziert wurde, und Fragen rund um minderjährige Kinder, also insbesondere zur Unterhaltshöhe und dem Kontaktrecht stehen im Vordergrund. Ich nehme mir viel Zeit um die KlientInnen kennen zu lernen und die für sie oder ihn beste weitere Vorgehensweise festzulegen. Gerade hier gilt es, die mit der Ehescheidung verbundenen, sehr umfassenden Rechtsfolgen zu kennen. Dies reicht von Obsorge, Kontaktrecht und Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder über Ehegattenunterhalt bis zur Aufteilung der ehelichen Ersparnisse.
Wie kann man bereits im Vorfeld einer Eheschließung für den Fall einer Scheidung vorsorgen? Welche Möglichkeiten gibt es hier?
Es kann ein Ehevertrag abgeschlossen werden, um insbesondere die Zuordnung von Ersparnissen und Liegenschaften zu regeln. Die Möglichkeiten eines Ehevertrages werden aber zumeist überschätzt. Gerade ein vom stärkeren Partner häufig gewünschter Unterhaltsverzicht kann nicht rechtswirksam vereinbart werden.
Es ist sicherlich ratsam, bereits vor der Eheschließung eine Aufstellung der vor der Heirat bestehenden Ersparnisse anzufertigen. Am sinnvollsten hielte ich es, sich schon vor der Eheschließung über die rechtlichen Konsequenzen einer Scheidung beraten zu lassen, insbesondere wenn teilweise horrende Kredite zur Finanzierung des Eigenheims gemeinsam aufgenommen werden. Frisch Verliebte wollen sich aber – durchaus verständlich – in der Regel nicht mit dem Scheitern der Ehe auseinandersetzen. Gerade für Frauen, die zumeist die eigene Karriere und damit ihre finanzielle Eigenständigkeit im Interesse der Kindererziehung zurückstecken, kann dies zum Bumerang werden. Mit nachehelichem Unterhalt – sofern er sich erstreiten lässt – kann man in der Regel kaum auf Dauer überleben.
Was würden Sie Paaren daher vor der Hochzeit raten?
Ich würde Ihnen raten, bereits bei Eheschließung eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Die dafür auflaufenden Kosten sind im Vergleich zu den Kosten für Brautkleid und Hochzeitsreise gering, können aber unter Umständen verdeutlichen, welch weitreichende positive und negative Konsequenzen der Vertragsabschluss Ehe oder vielmehr das nach der Eheschließung gewählte Lebensmodell mit sich bringt.
Frauen würde ich raten, die künftige Lebensplanung rational zu überdenken. Meist sind sie es, die sich nach der Heirat zumindest ein bis drei Jahre ausschließlich um die Kindererziehung kümmern. Finanziell sind sie dann von ihrem Ehemann abhängig. Geht die Ehe in die Brüche, muss ihnen klar sein, dass sie von einem allfälligen Unterhaltsanspruch alleine in der Regel nicht leben können.
Welche Vorteile bringt eine einvernehmliche Scheidung mit sich? Wie läuft eine einvernehmliche Scheidung ab?
Eine einvernehmliche Ehescheidung ist zumeist wesentlich kostengünstiger und rascher durchzuführen als ein strittiges Verfahren, da diverse Konfliktherde in einem Gesamtpaket geklärt werden. Obsorge, Kontaktrecht und Unterhalt für minderjährige Kinder, nachehelicher Unterhalt und die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens müssen selbstverantwortlich geregelt werden, andernfalls findet keine einvernehmliche Scheidung statt. Können sich die Ehepartner nicht einigen, scheidet der Richter die Ehe nach einem zumeist mehrjährigen, aufwendigen Verfahren.
Wann stehen einem Partner Unterhaltsansprüche nach der Scheidung zu? Und wie hoch sind diese?
Zunächst muss man unterscheiden, ob die Ehe wegen des Verschuldens eines Partners, aus anderen Gründen oder einvernehmlich geschieden wurde. Vereinfacht gesagt ist der schuldige Ehegatte dem Grunde nach zur Unterhaltszahlung verpflichtet, soweit die Einkünfte aus Vermögen und Erwerbstätigkeit des „Unschuldigen“ nicht ausreichen, den nach den Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Die Unterhaltshöhe ergibt sich aus einer in der Rechtsprechung entwickelten Prozentwertmethode.
Gehen Unterhaltsansprüche verloren, wenn der Expartner nochmal heiratet?
Nein. Die neuerliche Heirat des unterhaltspflichtigen Expartners kann aber dazu führen, dass er für den neuen Ehepartner und / oder weitere Kinder sorgepflichtig wird. Diese zusätzlichen Sorgepflichten führen zu einer Verringerungder Höhe des eigenen Unterhaltsanspruchs. Heiratet der Unterhaltsberechtigte hingegen erneut, erlischt sein Unterhaltsanspruch gegenüber dem bislang Unterhalt bezahlenden Expartner.
Wer erhält im Fall einer streitigen Scheidung das Sorgerecht für das gemeinsame Kind?
Grundsätzlich bleibt die gemeinsame Obsorge völlig unabhängig vom Ausgang des Scheidungsverfahrens aufrecht. Will ein Elternteil die alleinige Obsorge, muss er einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Bezirksgericht einbringen. Bei der Entscheidung über die Obsorge wird ausschließlich auf das Kindeswohl Bedacht genommen. Deshalb hat die Frage, aus welchen Gründen die Ehe nicht mehr klappte, grundsätzlich keinen Einfluss auf die Obsorgeentscheidung.
Ein in vielen Fällen schwieriges Thema auch nach der Scheidung ist das Kontaktrecht. Wie oft muss der Besuch von der/dem obsorgeberechtigten Exgattin/en ermöglicht werden?
Wie auch bei der Obsorge kommt es bei der Regelung des Kontaktrechtes ausschließlich auf das Kindeswohl an. Es gibt keine gesetzliche Vorgabe, wie oft, an welchen Tagen oder in welcher Form das Kontaktrecht einzuhalten ist. Dies wäre auch nicht sinnvoll, da die Lebensverhältnisse der Eltern oft sehr unterschiedlich sind und eine Kontaktrechtsregelung dem Wohl des Kindes und den jeweiligen Umständen anzupassen ist. Auch in diesem Bereich bleibt als letzter Ausweg eine gerichtliche Regelung, wenn die Eltern keine Vereinbarung über die Besuchszeiten treffen können.
Vielfach wird geglaubt, dass bei einer Scheidung das gesamte Vermögen beider Partner aufgeteilt wird. Stimmt das?
Aufgeteilt werden das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Hierzu zählen jene Sachen, die während aufrechter Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben. Dazu gehört die Ehewohnung, aber auch Wertanlagen.
Jene Sachen, die ein Ehegatte bereits in die Ehe eingebracht hat, die er geerbt oder die ihm von einem Dritten geschenkt wurden, sind ebenso wenig aufzuteilen wie Sachen die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten alleine oder der Ausübung seines Berufes dienen, die zu einem Unternehmen gehören oder Unternehmensanteile, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Die Ehewohnung ist jedenfalls aufzuteilen, wenn dies vereinbart wurde, wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat.
Aufgeteilt werden also das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Wie wird dieses Vermögen unter den beiden Ehepartnern aufgeteilt – 50:50?
Im Rahmen einer einvernehmlichen Ehescheidung müssen die Ehepartner selbst eine Vereinbarung über die Aufteilung treffen. Theoretisch wäre es auch möglich, das gesamte eheliche Vermögen zu erhalten oder darauf zu verzichten.
Bei einer an ein strittiges Ehescheidungsverfahren anschließenden Aufteilung, erfolgt diese durch den Richter nach Billigkeit. Dabei wird besonders auf das Gewicht und den Umfang des Beitrages jedes Ehegatten sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht genommen. Ebenso auf Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen. Daran orientiert man sich in der Regel auch bei der Ausarbeitung einer Vereinbarung zur einvernehmlichen Scheidung der Ehe.
Wie werden Schulden und Bankverbindlichkeiten behandelt? Müssen diese auch nach der Scheidung von beiden Partnern weitergezahlt werden?
Entscheidet das Gericht oder vereinbaren die Ehegatten im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung, wer von beiden im Innenverhältnis zur Zahlung von Kreditverbindlichkeiten, für die beide haften, verpflichtet ist, so hat das Gericht auf Antrag mit Wirkung für den Gläubiger auszusprechen, dass derjenige Ehegatte, der im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist, Hauptschuldner, der andere Ausfallsbürge wird. Dieser Antrag muss längstens binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gestellt werden. Eine gänzliche Enthaftung ist nur mit Zustimmung der kreditfinanzierenden Bank möglich.
Was passiert mit Unternehmen oder Unternehmensanteilen – Einzelunternehmen, GmbH-Anteilen oder Aktien – bei einer Scheidung? Müssen diese ebenfalls aufgeteilt werden?
Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, unterliegen nicht der Aufteilung. Mit dieser Regelung soll der Gefährdung des Bestandes lebenskräftiger Unternehmen und damit auch der Arbeitsplätze vorgebeugt werden. Von der Aufteilung ausgenommen ist ein Unternehmen selbst dann, wenn es aus ehelichen Ersparnissen angeschafft wurde oder der andere Ehegatte im Unternehmen mitgearbeitet hat. Es spielt daher grundsätzlich keine Rolle, ob das Unternehmen vom Mann oder der Frau oder von beiden gemeinsam betrieben wurde. Diese Regelung kann im Bereich der Aufteilung sehr weitreichende Konsequenzen haben. Selbst im Miteigentum der Ehegatten stehende Liegenschaften unterliegen nicht der Aufteilung, wenn sie zu einem Unternehmen gehören. Eine Widmung als Unternehmensbestandteil ist etwa dann zu bejahen, wenn sich auf der Liegenschaft der Sitz des Unternehmens befindet. Die Widmung einer Liegenschaft als Unternehmenszubehör kann auch durch Pfandbestellung für Unternehmenskredite zum Ausdruck kommen.
Ebenso fallen Anteile an einem Unternehmen nicht in die Aufteilung, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Wenn mit einer Unternehmensbeteiligung keine Mitwirkung an der Unternehmensführung oder sonst ein maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen verbunden ist, kommt ihr ein bloßer Wertanlagecharakter zu und unterliegt sie demnach der Aufteilung.
Unterliegen Unternehmensgewinne und Verkaufserlöse der Aufteilung?
Erträge eines Unternehmens sind grundsätzlich als unternehmenszugehörig und damit der Aufteilung entzogen anzusehen. Werden etwa Erträge eines Unternehmens auf ein Sparbuch einbezahlt, sind sie bis zur Umwidmung für unternehmensfremde, insbesondere private Zwecke, nicht aufzuteilen. Sobald Unternehmenserträgnisse für private Anschaffungen verwendet werden, kann man grundsätzlich von einer Umwidmung ausgehen. Damit unterliegen diese Anschaffungen der Aufteilung.
Unter welchen Umständen besteht ein Anspruch auf einen Vorteilsausgleich?
Wenn eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen eingebracht wurden, so ist der Wert des Eingebrachten oder Verwendeten grundsätzlich in die Aufteilung einzubeziehen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, inwieweit jedem Ehegatten durch die Einbringung Vorteile entstanden sind und inwieweit die so verwendeten ehelichen Ersparnisse aus den Gewinnen des Unternehmens stammten. Der Bestand des Unternehmens darf durch die Aufteilung jedenfalls nicht gefährdet werden.
Was kostet eine Scheidung?
Dies kommt ganz darauf an, wie inbrünstig gestritten wird. Kann bei einer einvernehmlichen Scheidung bereits nach einem Besprechungstermin eine Scheidungsfolgenvereinbarung aufgesetzt werden, halten sich die Kosten in Grenzen. Strittige Scheidungsverfahren können sich hingegen über mehrere Jahre erstrecken und entsprechend kostenintensiv sein. Sinnvoll ist es, kurzfristige Abrechnungen zu vereinbaren, um einen Kostenüberblick zu bewahren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dr. Eva Schön ist selbstständige Rechtsanwältin in Bruck an der Leitha und Wien. Zu ihren Spezialgebieten gehören insbesondere das Ehe- und Familienrecht, Vertragsrecht, Bau- und Immobilienrecht, Gesellschaftsrecht, Forderungsbetreibung sowie Zivil- und Strafrecht. Mehr Informationen und Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Eva Schön auf meinanwalt.at sowie auf ihrer Website.
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