Eine verstorbene Person besitzt Immobilien in Italien und Deutschland, lebte aber in Österreich – welches Recht kommt zur Anwendung? Verstirbt eine Person, kann es durchaus vorkommen, dass sich bei Vermögenswerte in verschiedenen Ländern die Frage stellt, welches Recht zur Anwendung gelangt. Seit Inkrafttreten der Europäischen Erbrechtsverordnung im August 2015 ist für die Frage, welches Gericht zuständig und welches nationales Recht anwendbar ist, nicht mehr die Staatsbürgerschaft entscheidend. Die Europäische Erbrechtsverordnung regelt die Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Erbfällen und gilt in allen Europäischen Staaten (ausgenommen sind Großbritannien, Irland und Dänemark).
Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Frage, welche Gerichte zuständig sind und welches Recht angewendet werden muss, ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt der verstorbenen Person. Der gewöhnliche Aufenthalt befindet sich dort, wo eine Person ihren familiären und sozialen Lebensmittelpunkt hat. Hier wird insbesondere die Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte eine Rolle spielen.
Handelt es sich bei der verstorbenen Person um einen österreichischen Staatsbürger, der seinen Lebensmittelpunkt in Österreich hatte, sind die österreichischen Gerichte für das Verlassenschaftsverfahren zuständig. Auch für Vermögenswerte, die sich im Ausland befinden. Ist der Lebensmittelpunkt eines österreichischen Staatsbürgers in Italien und verstirbt er, sind italienische Gerichte für das Verlassenschaftsverfahren zuständig. Zur Anwendung kommen ausschließlich italiensiche Gesetze. Umgekehrt werden Erbfälle von französischen Staatsangehörigen, die in Österreich leben, von österreichischen Gerichten nach österreichischem Recht abgehandelt.
Eine Besonderheit sieht die Europäische Erbrechtsverordnung in Bezug auf das anwendbare Recht vor: Der Erblasser kann in seinem Testament bestimmen, welches Recht angewendet werden soll, wenn er verstirbt. Lebt z.B. ein österreichsicherer Staatsbürger in Deutschland und hat dort seinen Lebensmittelpunkt, kann er im Testament bestimmen, dass statt deutschem Recht österreichisches Erbrecht angewendet werden soll.
Hier wird wohl in vielen Fällen entscheidend sein, wie hoch die Pflichtteilsansprüche in den jeweiligen Ländern sind und wem der Erblasser wieviel zukommen lassen möchte. Das Wahlrecht des Erblassers bezieht sich allerdings nur auf das anzuwendende Recht, nicht aber auf die Zuständigkeit der Gerichte.
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