Kennzeichnungspflicht Influencer – Entscheidungen des BGH sollen für Klarheit sorgen

Wann und wie müssen Influencer Beiträge kennzeichnen, die bezahlt oder sonst wie gesponsert wurden? Aktuell existiert Entscheidung eines Höchstgerichtes in Deutschland und Österreich. Dem deutschen Höchstgericht in Zivilrechtssachen, dem BGH, liegen mehrere Fälle vor, von denen drei am 29.07.2021 verhandelt werden. Es wird eine Entscheidung erwartet, die Klarheit bringen soll, ob und wie Influencer (Instagram, TikTok, YouTube, etc.) zur Kennzeichnung bestimmter Beiträge als Werbung verpflichtet sind.

Dr. Johannes ÖHLBÖCK LL.M. | 18.08.2021 | Internetrecht | Medienrecht Seite drucken

Woraus ergibt sich eine Kennzeichnungspflicht für Werbung für Influencer?

Sowohl in Deutschland als auch In Österreich existieren mehrere Bestimmungen, die regeln, wie Werbung zu kennzeichnen ist, etwa § 26 MedienG, § 6 ECG oder Ziffer 11 in Anlage 1 zum UWG. Erhalten Influencer auf Instagram, TikTok, YouTube, Facebook oder sonst wo auf Social Media) Gegenleistungen (Zahlungen, Waren, Dienstleistungen) für ihre Tätigkeiten kann Werbung vorliegen, sodass die genannten Regeln zur Anwendung kommen können. Der Grund für die Kennzeichnungspflicht liegt für Gerichte darin, dass Influencer Einfluss auf die geschäftliche Entscheidung ihrer Follower haben. Ob und in welcher Form aber zu kennzeichnen ist, wurde bislang noch nicht durch ein Höchstgericht geklärt, sodass die angekündigten Entscheidungen in drei Fällen mit Spannung erwartet werden. In allen drei Fällen sind Influencerinnen auf Instagram beklagt. Kläger ist jeweils ein Verein, der im Interesse seiner Mitglieder Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verfolgt.

Fall 1: Sportübungen, Fitness und Ernährung auf Instagram (I ZR 90/20)

Die Influencerin erstellte Bildbeiträge und Videobeiträge zu Sportübungen und gab Fitness- und Ernährungstipps. Sie arbeitet als Personaltrainerin (Fitnesskurse) und betreibt einen Online-Shop. In ihrem Instagram-Profil wird auf ihre Website hingewiesen und eine App, die ihren Profilnamen trägt. In einem Fall hat die Instagrammerin eingeräumt, dass eine es Kooperation mit dem verlinkten Unternehmen gab. Dazu wurde folgender Text verwendet: Heute konnte ich zumindest der lieben @[…] eine Freude bereiten und sie erhält unter anderem die ganze neue Raspberry Jam von […] (*Werbung: gibt's ab morgen neu im Shop)

Die Influencerin wurde in erster und zweiter Instanz mit dem Argument verurteilt, dass geschäftliche Handlungen im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Förderung des Absatzes von Drittunternehmen vorliegen. Diese kommerzielle Zweck wurde nicht ausreichend kenntlich gemacht und es liegt eine Eignung vor, die geschäftliche Entscheidung von Followern zu beeinflussen, zumal Verbraucher die Influencerin als Vorbild verstehen und ihren Empfehlungen folgen, der sie aufgrund ihrer scheinbar privaten Natur eine größere Objektivität und Neutralität beimessen, als es bei entsprechend offengelegter, d. h. gekennzeichneter Werbung, die den kommerziellen Zweck gegenüber den Verbrauchern nicht verschleiert, der Fall wäre.

Fall 2: Influencerin zu Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen (I ZR 125/20)

Der zweite Fall betrifft eine Instagrammerin mit einem überwiegend kommerziellen (verifizierten; blauer Haken) Account und 1,7 Mio Followern. Die Betreiberin des Accounts publiziert Fotos und Texten zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen. Die Influencerin hat die angegriffenen Posts unstreitig nicht als Werbung gekennzeichnet, in erster Instanz verloren und in zweiter Instanz gewonnen. Der Grund dafür: Für das OLG Hamburg lag keine wettbewerbswidrige Handlung vor, da sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung der Beklagten unmittelbar aus den Umständen ergibt. Das Gericht bewertet die Verifzierung (Blauer Haken) als „Statussymbol“, das auf einen Account schließen lässt, der sich sehr stark der Imagepflege widmet und aus rein kommerziellen Erwägungen betrieben wird. Zudem hat der Account 1,7 Mio Follower und die angegriffenen Postings haben 60.693, 45.269 bzw 64.740 Personen gefallen. Es ist nach Ansicht des Gerichtes ausgeschlossen, dass Verbraucher angesichts dieser Zahlen davon ausgehen, dass es sich um private Freunde der Influencerin handelt. Dadurch wird unmittelbar bewusst, dass es sich um einen öffentlichen Auftritt handelt und Nutzern wird deutlich, dass kommerzielle Zwecke der Grund für Postings sind. Weiters verweist das Gericht auf den Fall von Cathy Hummels, der breite mediale Aufmerksamkeit erregt hat. Hierdurch ist der kommerzielle Zweck der Instagram-Accounts von Influencerinnen zusätzlich bzw. noch breiter bekannt geworden, so dass spätestens jetzt auch für den (nur) durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass diese Accounts zu kommerziellen Zwecken betrieben werden. Eine Gesamtwürdigung der Umstände im konkreten Einzelfall ergab, dass die Nichtkenntlichmachung der - von der Beklagten ohne Gegenleistung gesetzten - Tap Tags Verbraucher nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst haben, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten. Follower von Accounts auf Instagram wissen und rechnen damit, dass auf den Seiten der von ihnen favorisierten Influencer Werbung betrieben wird.

Fall 3: Cathy Hummels: Mode, Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga, Reisen (I ZR 126/20)

Der dritte Fall betrifft Cathy Hummels, die Frau von Fussballer Mats Hummels. Sie ist auf Instagram aktiv und postet zu den Themen Mode, Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga oder Reisen. Beiträge, für die sie bezahlt wird, kennzeichnet sie mit dem Hinweis „bezahlte Partnerschaft. Die streitgegenständlichen Beiträge zeigten einen blauen Plüschelefanten, ohne dessen Hersteller mithilfe von Tags zu verlinken. Die Klage scheiterte in erster und zweiter Instanz.

Das Gericht ging davon aus, dass Frau Hummels ihren Account nicht allein zu privaten Zwecken, sondern auch als Unternehmerin betreibt. Ihre Postings beruhen nach Ansicht des Gerichtes nicht nur auf ihrer Mitteilungsfreudigkeit, sondern sind auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz bei Verbrauchern und Unternehmern zu erzielen, um ihr Image durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Zahl der Kommentare zu ihrem Auftritt zu stärken und damit den Wert der auch von ihr im eigenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen zu erhöhen und im Rahmen von gegenwärtigen oder künftigen bezahlten Partnerschaften für Drittunternehmen Produktwerbung zu betreiben. Die Intention, durch die Posts auch bezahlte Partnerschaften zu akquirieren, führt nicht dazu, dass solche Posts, für die die Influencerin kein Entgelt erhält, als geschäftliche Handlungen anzusehen wären, da das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, nicht ausreicht, um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und einer Absatzförderung für die gezeigten Produkte anzunehmen.

Was ist vom BGH für Influencer zu erwarten und was bedeutet das für Österreich?

Die Entscheidungen der deutschen Oberlandgerichte berücksichtigen, dass Verbraucher gelernt haben und mittlerweile wissen, was Influencer tun. Dies lässt eine Entscheidung erwarten, die dahin geht, dass „bezahlte“ Beiträge und / oder der gesamte Account als werblich zu kennzeichnen ist. Darüber hinaus wären auch Abstufungen möglich. Es ist zu erwarten, dass der BGH sich aufgrund der Vielzahl von Entscheidungen, die an ihn herangetragen wurden, ausführlich mit der Thematik befassen und eine Leitentscheidung ergehen wird. In Österreich existiert keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Thema Influencermarketing. Die Rechtslage ist weitestgehend ident, sodass davon auszugehen ist, dass die Entscheidung des BGH zum Influencermarketing auch Bedeutung für Österreich zeitigen wird.

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