Eine neue Gesellschaftsform soll kommen: Die Flexible Kapitalgesellschaft

Die Flexible Kapitalgesellschaft soll die besonderen Bedürfnisse von Start-Ups befriedigen. Eine erste Einschätzung, ob das gelingen wird, gibt es hier:

Dr. Christoph ZEHENTMAYER | 29.08.2023 | Gesellschaftsrecht | Steuerrecht | Unternehmensrecht Seite drucken

Allgemeines

Ende Mai 2023 ist der in Fachkreisen langersehnte Ministerialentwurf (MinE) zum Gesellschaftsrecht-Änderungsgesetz 2023 (GesRÄG 2023) der Öffentlichkeit präsentiert worden. Wesentlicher Inhalt ist die (geplante) Schaffung einer neuen Gesellschaftsform, nämlich der Flexiblen Kapitalgesellschaft. Das entsprechende Gesetz dazu soll „Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz“ (FlexKapGG) heißen.

Ziel der Flexiblen Kapitalgesellschaft ist es, vor allem die besonderen Bedürfnisse von Start-Ups und anderen innovativen Unternehmen zu befriedigen. Gemeint sind damit vor allem formelle Erleichterungen, die Verringerung des wirtschaftlichen Risikos und die erleichterte Beteiligung von Mitarbeitern.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass zum Ministerialentwurf zum GesRÄG 2023 eine Vielzahl von Stellungnahmen eingegangen sind. Ob bzw. in welcher konkreten Form das GesRÄG 2023 tatsächlich umgesetzt wird, ist derzeit daher noch offen. Nachstehend werden einige im Ministerialentwurf enthaltene Neuerungen überblicksartig dargelegt:
 

Formelle Erleichterungen

Eine (geplante) formelle Erleichterung betrifft die Beschlussfassung der Gesellschafter. Grundsätzlich sind Beschlüsse in der Generalversammlung zu fassen. Auch in der GmbH ist es aber bereits jetzt schon zulässig, „Umlaufbeschlüsse“ außerhalb der Generalversammlung zu treffen. Umlaufbeschlüsse sind in der GmbH jedoch nur zulässig, wenn sich alle Gesellschafter am Umlaufbeschluss beteiligen. Die bloße Nichtbeteiligung eines einzigen Gesellschafters verhindert demnach einen wirksamen Umlaufbeschluss. Diesem Umstand möchte § 7 FlexKapGG idF des MinE entgegenwirken. Für Flexible Kapitalgesellschaften soll die schriftliche Beschlussfassung im Gesellschaftsvertrag per se für zulässig erklärt werden können. Für einen wirksame Umlaufbeschluss soll es demnach genügen, dass allen stimmberechtigten Gesellschaftern eine gültige schriftliche Beschlussfassung ermöglicht wurde.

Eine formelle Erleichterung ist auch bei der Übertragung von Geschäftsanteilen geplant: Ist im GmbH-Gesetz für die Übertragung stets ein Notariatsakt erforderlich (§ 76 GmbH-Gesetz), genügt nach § 12 FlexKapGG idF des MinE auch eine Anwaltsurkunde.

Neue Anteilsklasse | Mitarbeiterbeteiligung

Der Ministerialentwurf zum FlexKapGG sieht außerdem die Schaffung einer eigenen Anteilsklasse der Unternehmenswert-Anteile vor (§§ 9 ff FlexKapGG idF des MinE). Diese Unternehmenswert-Anteile  - mit denen grundsätzlich kein Stimmrecht in der Generalversammlung einhergeht  - soll insbesondere eine erleichterte und rechtssichere Mitarbeiterbeteiligung ermöglichen, wenngleich diese Anlageklasse nicht nur Mitarbeitern zur Verfügung steht. Die Unternehmenswert-Anteile sollen nach dem Ministerialentwurf besonders einfach übertragen werden können, sodass sogar die bloße Schriftform genügt. Eine formelle Erleichterung besteht auch dahingehend, dass nicht jede Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen beim Firmenbuch zu melden ist. Der Ministerialentwurf sieht vielmehr vor, dass die Geschäftsführung dem Firmenbuch nur einmal jährlich (innerhalb von 9 Monaten nach dem Bilanzstichtag) eine Namensliste der Unternehmenswert-Anteilsinhaber (= Unternehmenswert-Beteiligten) vorzulegen hat.

Auch an den Schutz der Unternehmenswert-Beteiligten wurde im Ministerialentwurf gedacht. Das betrifft zum einen ein gesellschaftsvertraglich sicherzustellendes Mitverkaufsrecht, wenn die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern (§ 10 FlexKapGG idF des MinE). Sind die Unternehmenswert-Beteiligten zugleich Mitarbeiter der Gesellschaft, gibt es darüber hinaus besondere Informationspflichten; außerdem ist im Gesellschaftsvertrag festzulegen, an wen und zu welchen Konditionen die Unternehmenswertanteile veräußert werden können, wenn das Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft beendet wird (§ 11 FlexKapGG idF des MinE).
 
Vereinzelt sieht der Ministerialentwurf für die Flexible Kapitalgesellschaft auch strengere Vorschriften als das GmbH-Gesetz vor. So ist beispielsweise die Pflicht zur Bestellung des Aufsichtsrates etwas niederschwelliger als bei der GmbH angesetzt (§ 6 FlexKapGG idF des MinE). Immer dann, wenn eine verpflichtende Abschlussprüfung nach § 268 UGB vorgeschrieben ist, soll auch die Verpflichtung zur Bestellung des Aufsichtsrates bestehen.

Umwandlung GmbH in Flexible Kapitalgesellschaft (und umgekehrt) | Mindeststammkapital

Im Ministerialentwurf wird außerdem die Möglichkeit der Umwandlung einer GmbH in eine Flexible Kapitalgesellschaft (und umgekehrt) bedacht (§ 25 FlexKapGG idF des MinE). Nach den Erläuterungen zum Ministerialentwurf sind die inhaltlichen Unterschiede zwischen Flexible Kapitalgesellschaft und GmbH rechtlich so gestaltet, dass es weder besonderer Maßnahmen zum Schutz der Gläubiger (wie Umwandlungsbilanz, Sicherstellungsanspruch oder Gründungsprüfung) noch eines Barabfindungsanspruches für mit der Umwandlung nicht einverstandene Gesellschafter bedarf.
 
Das Mindeststammkapital der Flexible Kapitalgesellschaft soll nach dem Ministerialentwurf € 10.000,00 betragen, wovon zumindest die Hälfte in bar einzuzahlen ist. In diesem Punkt unterscheidet sich die Flexible Kapitalgesellschaft künftig nicht zur GmbH, weil auch bei dieser das Mindeststammkapitel entsprechend geändert werden soll.

Ausblick

Im Ministerialentwurf ist vorgesehen, dass das FlexKapGG am 01.11.2023 in Kraft treten wird. Ob das tatsächlich der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Die Zukunft wird auch zeigen, ob die Flexible Kapitalgesellschaft der GmbH den Rang ablaufen wird. Auf den ersten Blick spricht durchaus einiges dafür, weil die Flexible Kapitalgesellschaft (wenn sie in dieser Form auch tatsächlich kommt) gegenüber der GmbH kaum Nachteile hat, aber doch deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten bietet.

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