Bis zum 31.12.2017 war für die Errichtung einer Ein-Personen-GmbH eine Errichtungserklärung in Form eines Notariatsakts notwendig. Die notarielle Errichtungserklärung musste gemeinsam mit dem beglaubigten Gesellschafterbeschluss zur Bestellung des Geschäftsführers (sofern die Bestellung nicht bereits in der Errichtungserklärung erfolgt ist), der beglaubigten Musterzeichnung des Geschäftsführers, einer Bankbestätigung sowie dem beglaubigten Firmenbuchantrag bei Gericht eingereicht werden.
Für die Gründung war somit ein Notar, der die Gründungsdokumente notariell beurkundet hatte, erforderlich.
Am 29.3.2017 wurde das Deregulierungsgesetz 2017 vom Parlament beschlossen. Damit verbunden ist eine Änderung des GmbH-Gesetzes (GmbHG), nämlich die Einführung des § 9a GmbHG, welcher per 1.1.2018 in Kraft getreten ist. Mit dieser Bestimmung ist eine neue Form der Gründung einer GmbH unter Aufweichung der Formerfordernisse möglich. Die Regelung ist vorerst auf zwei Jahre (bis 31.12.2020) befristet.
Der neu eingeführte § 9a GmbHG ermöglicht nunmehr die Errichtung von Ein-Personen-GmbHs unter gänzlichem Verzicht auf die Rechtsberatung durch einen Notar oder Rechtsanwalt sowie ohne Notariatsakt und ohne notarielle Beglaubigung. Voraussetzung ist, dass die GmbH nur durch eine natürliche Person gegründet (errichtet) wird. Dieser einzige Gesellschafter muss auch einziger Geschäftsführer sein.
Die neue Form der Gründung ist sowohl für herkömmliche GmbHs mit EUR 35.000,00 Stammkapital als auch für sogenannte gründungsprivilegierte GmbHs möglich. An den Mindesteinzahlungserfordernissen hat sich nichts geändert und somit ist jeweils zumindest die Hälfte des Stammkapitals in bar einzuzahlen.
Die Gründung erfolgt mit einer standardisierten Errichtungserklärung unter Verwendung der elektronischen Signatur (Bürgerkarte, Handy-Signatur) via Unternehmensservice-Portal (USP.gv.at). Weiters soll auch etwa die Inanspruchnahme der Neugründungs-Förderung elektronisch über das USP erfolgen.
Die Errichtungserklärung muss lediglich Angaben zu Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Stammkapitals und der von dem Gesellschafter zu leistenden Stammeinlage sowie die Bestellung des Geschäftsführers beinhalten. Darüber hinaus können Regelungen über den Ersatz der Gründungskosten (bis zu maximal EUR 500,00), über die Gründungsprivilegierung (sofern diese in Anspruch genommen wird) oder die Verteilung des Bilanzgewinns in die Errichtungserklärung mit aufgenommen werden.
Zur notwendigen Absicherung der Identifizierung des einzigen Gesellschafters und Geschäftsführers über elektronische Kommunikationsmittel ist das Kreditinstitut zuständig. Das Kreditinstitut hat somit anlässlich der Einzahlung der bar zu leistenden Stammeinlage auf ein neu eröffnetes Konto des zukünftigen Gesellschafters und Geschäftsführers dessen Identität durch persönliche Vorlage seines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen und zu überprüfen. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter und Geschäftsführer bereits Kunde des Kreditinstituts ist. Der Gesellschafter und Geschäftsführer hat überdies seine Unterschrift vor dem Kreditinstitut zu zeichnen (Musterzeichnung).
Im Anschluss übermittelt das Kreditinstitut die Bankbestätigung über die Kapitaleinzahlung, eine Kopie des Lichtbildausweises sowie die Musterzeichnung auf elektronischem Weg an das Firmenbuch. Diese Dokumente werden dort zunächst unter einem Ordnungsbegriff abgelegt, den auch der Gründer kennt. In der Folge identifiziert sich der Gründer unter Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel und kann dann, weil er zugleich auch Geschäftsführer ist, in einem einheitlichen Vorgang sowohl die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft abgeben, als auch den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch stellen
Das Kreditinstitut ist berechtigt, für diese Tätigkeiten ein Entgelt zu verlangen. Wie hoch dieses ist, ist mit dem Kreditinstitut direkt zu vereinbaren. Ein Kreditinstitut ist aber nicht verpflichtet, die genannten Dienstleistungen anzubieten. Es bleibt daher abzuwarten, welche Kreditinstitute diese Dienstleistungen überhaupt zukünftig anbieten werden.
Zukünftig wird es somit die Aufgabe des Bankangestellten sein, über potenzielle Haftungen aufzuklären, die von der Haftung bei qualifizierter Unterkapitalisierung über die Haftung bei verbotener Einlagenrückgewähr bis zur Handelndenhaftung reichen. Weiters stellt sich die Frage, wie sprachunkundige Parteien die Gründung vornehmen werden. Hier müsste das Kreditinstitut wohl einen Dolmetscher beiziehen.
Selbstverständlich ist weiterhin auch die Gründung unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes oder Notars (wobei die Beurkundung weiterhin durch den Notar vorzunehmen ist) möglich. Der Rechtsanwalt und auch der Notar sind spezialisiert und passen den Gesellschaftsvertrag an die individuellen Bedürfnisse des Klienten an, belehren über Haftungstatbestände und beraten bezüglich der gewerberechtlichen Aspekte der Gründung sowie des Firmenwortlauts und weiterer Themenbereiche.
Auch bei einer Gründung unter Beiziehung eines Notars ergeben sich durch das Deregulierungsgesetz Erleichterungen. Die Einzahlung der Stammeinlage kann ab 1.1.2018 auf ein Anderkonto des Notars erfolgen. Der Notar stellt dann als Treuhänder die für eine Gesellschaftsgründung notwendige Bestätigung nach § 10 Abs 3 Satz 3 GmbHG aus und leitet dann den erlegten Betrag nach erfolgreicher Firmenbucheintragung an die Gesellschaft weiter.
Ein zusätzlicher Termin bei der Bank im Zuge der Gründung ist somit nicht erforderlich. Jedoch ist nach erfolgter Eintragung der GmbH im Firmenbuch ein Geschäftskonto bei einer Bank zu eröffnen, auf welches der Notar den erlegten Betrag weiterleitet.
Darüber hinaus wurde das Notariatstarifgesetz geändert, sodass für bestimmte Notariatshandlungen geringere Tarife zur Anwendung gelangen.
Die Praxis wird in den nächsten Monaten zeigen, ob die vereinfachte Gründung tatsächlich eine sinnvolle Alternative zur klassischen Gründung darstellen kann und wie diese neuen Regelungen von den Unternehmensgründern angenommen werden.
Vor allem das mit der vereinfachten Gründung verbundene Beratungs- und rechtliche Prüfungsdefizit sowie die voraussichtlich mangelnde Prüfung, ob die Firmenwahl den gesetzlichen Vorgaben entspricht, lässt befürchten, dass die anfängliche Kostenersparnis durch spätere Anpassungs- und Beratungskosten ohnehin rasch kompensiert wird. Ob Kreditinstitute eine ausreichende Beratung anbieten werden bzw können, ist zu bezweifeln. Abseits vereinzelter Sonderfälle ist daher weiterhin die Beiziehung rechtlicher Berater bereits in der Gründungsphase – zur Vermeidung ungewollter späterer Nachteile – jedenfalls zu empfehlen.
Gerne stehe ich bei Fragen zur Gesellschaftsgründung zur Verfügung.
Dr. Christian Hafner ist Rechtsanwalt bei der renommierten Wirtschaftskanzlei HASCH & PARTNER Anwaltsgesellschaft mbH. Er betreut Unternehmen in allen Größenklassen, vorwiegend in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Umgründungsrecht, Mergers & Acquisitions und im Mietrecht. Weitere Informationen über Dr. Christian Hafner finden Sie auch auf seinem Profil bei meinanwalt.at sowie auf der Website von Hasch & Partner.
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