Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M. im Interview: Rechtsfragen zum Thema Eingetragene Partnerschaft

Welche Wirkungen hat eine Eingetragene Partnerschaft? Worin bestehen die Unterschiede zur Ehe? Können eingetragene Partner ein Kind adoptieren? – Zu diesen und anderen Fragen haben wir die Rechtsanwältin Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M., befragt.

meinanwalt.at: Frau Dr. Hochwartner, Sie sind neue Partnerin bei preslmayr.legal Rechtsanwälte GmbH. Wen beraten Sie vorwiegend und wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Ich bin dankbar für diese neue Herausforderung und habe mich, obwohl mir diverse andere Angebote vorlagen, aus vollster Überzeugung für die preslmayr.legal Rechtsanwälte GmbH entschieden. Hier wird besonderer Wert auf Schnelligkeit, Verlässlichkeit und juristische Kompetenz gelegt. Aufgrund der überschaubaren Größe ist die individuelle Klientenbetreuung kein theoretisches Wunschdenken, sondern gelebte Realität.

Hinzu kommt die menschliche Komponente, welche mir ein besonderes Anliegen ist. Wir alle sind verschiedene Persönlichkeiten und gerade bei preslmayr.legal ist Raum für Authentizität und Individualität – nicht nur, was das Team betrifft, sondern auch in Bezug auf unsere Klienten. Getreu unserem Leitsatz „Come as you are“ halten wir uns nicht mit Äußerlichkeiten auf, sondern befassen uns mit dem Menschen hinter der Fassade und seinen juristischen Anliegen. Anzüge alleine gewinnen keinen Prozess – das ist ein gesellschaftlicher Irrglaube.

Ich für meinen Teil bin primär im Ehe- und Familienrecht, im (strittigen) Zivilrecht, im Strafrecht, im Miet- und Wohnrecht, im Vertragsrecht und im Wirtschaftsrecht tätig. Die Kanzlei selbst deckt alle Rechtsgebiete ab und berät sowohl Privatpersonen, als auch Unternehmen. Jeder unserer Rechtsanwälte hat seinen fachlichen Schwerpunkt. Das ist wichtig, denn gerade die, nennen wir es, „Sachbearbeiteraufteilung“ ermöglicht es uns, die diversesten Themenbereiche kompetent und effizient abzuarbeiten.

meinanwalt.at: Was ist eine Eingetragene Partnerschaft?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Die Eingetragene Partnerschaft (EP) ist das Pendant zur verschiedengeschlechtlichen Ehe. Sie wurde am 1.1.2010 eingeführt und ist in dem 47 Paragraphen umfassenden Bundesgesetz Eingetragene Partnerschaft (EPG) geregelt.

Bei der EP gehen zwei Personen des gleichen Geschlechts (Homosexualität ist keine Voraussetzung) eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft mit gegenseitigen Rechten und Pflichten ein. Beide müssen volljährig und geschäftsfähig sein, dürfen in keiner aufrechten EP oder Ehe leben und nicht in gerader Linie verwandt (Eltern, Kinder, Enkelkinder, Großeltern), oder (Halb)Geschwister, sein. Entfernte Verwandte (Schwager/Schwägerin, Schwiegereltern, Onkel/Tante, Cousin/Cousine) wiederum dürfen eine EP begründen. Ausgeschlossen ist die EP auch im Verhältnis Adoptiveltern/Adoptivkind. Staatsangehörigkeit und Wohnort sind nicht relevant. Auch ausländische Paare können in Österreich eine EP schließen.

meinanwalt.at: Wo und wie wird die Eingetragene Partnerschaft begründet?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Beide Partnerinnen/Partner müssen bei einer beliebigen Personenstandsbehörde (das Standesamt der Gemeinde; in Statutarstädten das Standesamt des Magistrats) gleichzeitig und persönlich anwesend sein. Auch außerhalb der Amtsräume der Bezirksverwaltungsbehörden (Standesamt) kann die EP begründet werden.

Die zu Verpartnernden werden einzeln und nacheinander gefragt, ob sie die EP miteinander begründen wollen. Nach Bejahung, spricht die Standesbeamtin/der Standesbeamte aus, dass die beiden Partnerinnen/Partner nun rechtmäßig verbunden sind. Darüber wird ein von allen zu unterschreibendes Protokoll aufgenommen. Danach gilt die EP als rechtsgültig geschlossen und wird die Partnerschaftsurkunde überreicht.

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meinanwalt.at: Müssen beide Partnerinnen/Partner den gleichen Familiennamen tragen? Wie ist es mit Doppelnamen?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: In der Vergangenheit war es Partnerinnen/Partnern verwehrt, einen Familiennamen (wie bei Eheleuten) zu führen. Es gab lediglich einen „Nachnamen“. Dies hat sich mit 1.4.2017 geändert, homosexuelle und heterosexuelle Paare haben nunmehr einen Familiennamen. Das Paar kann den eigenen Namen unverändert lassen, einen Namen zum gemeinsamen Familiennamen bestimmen oder aus beiden Namen einen Doppelnamen machen. Schließlich noch kann ein Teil mit dem gemeinsam gewählten Familiennamen und ihrem/seinem Namen einen Doppelnamen als Familiennamen führen.

meinanwalt.at: Welche Wirkungen hat die EP?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.:  Gemäß § 8 EPG sind die persönlichen Rechte und Pflichten der eingetragenen Partnerinnen/Partner im Verhältnis zueinander gleich. Sie sind einander zur umfassenden partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft und Vertrauensbeziehung verpflichtet und müssen sich anständig begegnen und beistehen. Ihre Lebensgemeinschaft ist unter Rücksichtnahme aufeinander mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich zu gestalten.

Grundsätzlich ist auch gemeinsames Wohnen verpflichtend, jedoch sind getrennte Wohnungen möglich, wenn beide Partnerinnen/Partner dies wünschen. Bei Vorliegen wichtiger persönlicher Gründe (z.B. Arbeitsort) kann auch einer der beiden – auf einseitigen Wunsch - getrennt wohnen. Wird keine Einigung erzielt, können die Gerichte entscheiden, ob eine Verlegung des gemeinsamen Wohnsitzes oder eine gesonderte Wohnungsnahme rechtens wäre (dadurch fällt der Auflösungsgrund des böswilligen/mutwilligen Verlassens weg). Im Gegensatz zur Ehe, ist auf das Kindeswohl dabei nicht Bedacht zu nehmen.

Die gesetzliche Vertretungsmacht bei Rechtsgeschäften des täglichen Lebens hat die Partnerin/der Partner, die/der den gemeinsamen Haushalt führt und kein eigenes Einkommen hat. Die Partnerin/Der Partner ist als „nächster Angehörige(r)“ anzusehen.

Eine Partnerin/ Partner hat im Erwerb der anderen/des anderen mitzuwirken, soweit dies zumutbar, es nach den Lebensverhältnissen beider üblich, und nichts anderes vereinbart, ist. Für die Mitwirkung besteht ein Anspruch auf angemessene Abgeltung.

Was den Unterhalt betrifft, haben beide Partnerinnen/Partner nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen. Die/Der Haushaltsführende leistet dadurch ihren/seinen Beitrag und hat Anspruch auf Unterhalt durch die/den andere(n). Bei der Bemessung der Unterhaltshöhe ist das Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten mit zu berücksichtigen. Wer kein eigenes Einkommen hat, hat Anspruch auf ein Drittel des Nettoeinkommens der anderen/des anderen. Verdienen beide, werden die Einkommen zusammengerechnet und hat die/der schlechter Verdienende Anspruch auf 40% des Familieneinkommens (Restbetrag). Diese Unterhaltsregelung gilt auch bei Auflösung der EP mit allein oder überwiegendem Verschuldensausspruch.

meinanwalt.at: Worin bestehen die Unterschiede zwischen Eingetragener Partnerschaft und Ehe?                                                                             

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Ich kann hier nur einen kleinen Auszug geben: Die EP verlangt als Mindestalter die Volljährigkeit; die Ehe kann bereits mit 16 Jahren geschlossen werden. Die EP ist erst mit der Unterschrift der Partnerinnen/ Partner geschlossen; die Ehe bereits mit dem „Ja“-Wort.

Eingetragene Partnerinnen/Partner sind „in eingetragener Partnerschaft lebend“; Eheleute sind verheiratet. – Wird die EP beendet, spricht man von „aufgelöster eingetragene Partnerschaft“; bei der Ehe von „geschieden“. – Verstirbt die eingetragene Partnerin/Partner, ist der andere „hinterbliebener eingetragener Partner“; bei der Ehe ist der andere „verwitwet“.

Bei der EP gibt es im Gegensatz zur Ehe kein Verlöbnis, somit auch keine Anspruchsgrundlage für die im Vertrauen auf eine spätere Verpartnerung getätigten Aufwendungen.

Das EPG fordert die umfassende partnerschaftliche Lebensgemeinschaft. Anders als bei der Ehe wird nicht verlangt, bei der Gestaltung dieser Lebensgemeinschaft auf das Kindeswohl Bedacht zu nehmen und dem anderen in der Obsorge des Kindes beizustehen.

Die sogenannte „Vertrauensbeziehung“ entspricht der von Eheleuten geforderten Verpflichtung zur „Treue“. Eingetragene Partnerinnen/Partner können jedoch zulässigerweise einvernehmlich eine offene Beziehung vereinbaren.

Im Fall einer Auflösung der EP wegen Zerrüttung, gibt es unterschiedliche Fristen für Härtefälle und steht bei der EP ein niedrigerer Unterhalt statt, wie für Ehe, Unterhalt wie bei aufrechter EP/Ehe zu.

meinanwalt.at: Können eingetragene Partner ein Kind adoptieren?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Ja. Seit 1.8.2013 ist die Stiefkindadoption zulässig. Seit 1.1.2016 ist auch die gemeinsame (Wahlkind)Adoption möglich. Auch die Einzeladoption durch bloß eine eingetragene Partnerin/Partner alleine ist möglich. 

meinanwalt.at: Wie ist es mit der künstlichen Befruchtung?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Seit 1.1.2015 können sich lesbische Paare, im Gegensatz zu alleinstehenden Frauen, künstlich befruchten lassen. Bei durch medizinisch unterstütze Fortpflanzung gezeugten Kindern wird die eingetragene Partnerin automatisch mit der Geburt zweite rechtliche Mutter des Kindes. Bei privater Samenspende gibt es nur die Möglichkeit der Stiefkindadoption. Anders bei heterosexuellen Paaren, die auch hier automatisch gemeinsam Eltern sind.

meinanwalt.at: Wie erfolgt die Scheidung einer Eingetragenen Partnerschaft?                                                                                                            

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Eine EP wird nicht geschieden, sondern aufgelöst. Es gibt die Möglichkeit der einvernehmlichen Auflösung, der Auflösung wegen Verschuldens, der Auflösung wegen Zerrüttung und der Auflösung wegen anderer Gründe (z.B. Geisteskrankheit).

Binnen einem Jahr nach Rechtskraft der Auflösung kann das Aufteilungsverfahren beantragt werden. Dabei werden das partnerschaftliche Gebrauchsvermögen und die während der EP angesammelten Ersparnisse aufgeteilt. Wie bei der Ehe, herrscht grundsätzlich auch bei der EP die Gütertrennung. Mittels eines Partnerschaftspaktes (Ehe: Ehepakt) kann Gütergemeinschaft vereinbart werden. Durch den Tod der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners wird die EP beendet.

meinanwalt.at: Wie sieht die erbrechtliche Situation aus?

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.: Gibt es kein Testament und besteht eine aufrechte EP, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen. Ist die EP zum Todeszeitpunkt bereits aufgelöst, gibt es kein gesetzliches Erbe. Die überlebende Partnerin/Der überlebende Partner hat ein Vorausvermächtnis.

meinanwalt.at: Sind Ihnen Probleme aus der Praxis in Bezug auf die EP bekannt?                                                                                              

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M.:  Ja. Es gibt noch Handlungsbedarf, beispielsweise bei manchen in Spitälern oder bei Behörden aufliegenden Formularen. Mir ist ein Fall einer EP von zwei Frauen bekannt, die mithilfe der künstlichen Befruchtung ein Kind bekommen haben. Bei der „Erklärung der gemeinsamen Obsorge“ konnte man lediglich „Mutter“ oder „Vater“ anführen. Eben nicht auch „eingetragene Partnerin“. Als die Betroffenen auf ihre EP hinwiesen, wurde den beiden vor Ort geraten, doch einfach „Vater unbekannt“ anzugeben. Mit dem Rechtsinstitut der EP würde man nicht vertraut sein. 

Auch auf der Geburtsurkunde gibt es nur die Spalten „Mutter/Elternteil“ und „Vater/Elternteil“; keine Rede von der EP. Bedauerlicherweise ist teilweise auch Krankenkassen der Terminus „verpartnert“ nicht bekannt. Dort gilt das durch künstliche Befruchtung gezeugte Kind als unehelich. Hingegen wird ein Vater automatisch anerkannt und ist das Kind ehelich.  Ungleichbehandlung im Alltag ist also noch Thema. Das Mindeste wäre, überall gesetzeskonforme Formulare zu drucken. In der heutigen Zeit kann und darf es nicht sein, dass Homosexuelle immer noch als Menschen zweiter Klasse behandelt werden.

meinanwalt.at: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Dr. Kerstin M. Hochwartner, LL.M. war als Rechtsanwältin bei preslmayr.legal Rechtsanwälte vorwiegend im Ehe- und Familienrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Miet- und Wohnrecht, Vertragsrecht und Wirtschaftsrecht tätig.

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