Seit dem Jahr 2000 können die Staatsanwaltschaft und Strafgerichte bei geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines Strafverfahrens verzichten, wenn sich der beschuldigte Jugendliche oder Erwachsene zu einer gemeinnützigen Arbeit verpflichtet oder sich an einem außergerichtlichem Tatausgleich beteiligt. In diesem Fall wird nicht mehr eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt. Erfolgt die Diversion im Rahmen des Gerichtsverfahrens, wird die betroffene Person nicht verurteilt und erhält auch keine Eintragung ins Strafregister.
Nicht in allen Fällen ist eine Diversion möglich. Vielmehr müssen verschiedenste Voraussetzungen gegeben sein:
Offizialdelikt: Es muss sich bei dem begangenen Delikt um ein Offizialdelikt handeln. Das bedeutet, dass es sich um eine Tat handelt, die von Amts wegen verfolgt werden muss. Dies betrifft etwa Diebstahl, Raub und Betrug. Privatanklagedelikte werden nur dann verfolgt, wenn die verletzte Person dies möchte (z.B. Üble Nachrede)
Sachverhalt muss hinreichend geklärt sein: Eine Diversion ist nur dann möglich, wenn die Ermittlungsergebnisse der Polizei für eine Anklage ausreichen und die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung aufgrund der vorliegenden Beweise hoch ist.
Straftat darf nicht schwer sein: Eine Diversion kann nur bei Straftaten angeboten werden, für die eine Höchststrafe von maximal 5 Jahren Gefängnis vorgesehen ist. Bei Sexualstraftaten gilt eine Grenze von maximal 3 Jahren.
Kein Todesopfer: Keine Diversion ist möglich, wenn durch die Tat ein Mensch ums Leben gekommen ist.
Keine schwere Schuld des Täters: Für ein Diversionsangebot wird die Schwere der persönlichen Schuld, das Verhalten nach der Tat sowie das Bemühen um Wiedergutmachung beurteilt. Lehnt es die beschuldigte Person beharrlich ab, das Opfer zu treffen, wird ein Diversionsangebot der Staatsanwaltschaft nicht sehr wahrscheinlich sein.
Keine präventiven Bedenken: Ist die Verhängung einer Strafe nicht notwendig, um den Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, kann eine Diversion angeboten werden. Auch die Wirkung einer Diversion auf andere Täter muss berücksichtigt werden.
Einwilligung des Opfers: Das Opfer der Straftat muss mit der Diversion einverstanden sein. Nur wenn das Opfer bereit ist, einer Diversion zuzustimmen und die sich daraus ergebenden Folgen zu akzeptieren, kann eine Diversion angeboten werden.
Zahlung eines Geldbetrags: In den meisten Fällen einer Diversion kommt es zur Zahlung einer Geldbuße. Die Höhe der Geldbuße orientiert sich nach dem Einkommen und der jeweiligen konkreten Tat. Zudem sollte die beschuldigte Person auch eine Schadenswidergutmachung gegenüber dem Opfer leisten. Bei jugendlichen Straftätern ist darauf zu achten, dass das Fortkommen des Jugendlichen durch die zu leistende Geldbuße nicht beeinträchtigt wird.
Gemeinnützige Arbeit: Eine bekannte Variante der Diversion ist die Leistung von gemeinnütziger Arbeit. Dabei muss die beschuldigte Person in ihrer Freizeit in einer entsprechenden Einrichtung gemeinnützige Tätigkeiten verrichten. Die täglichen Leistungen dürfen 8 Stunden und die wöchentlichen Leistungen 40 Stunden nicht überschreiten (bei Jugendlichen nicht mehr als 6 Stunden täglich und 20 Stunden wöchentlich). Insgesamt dürfen nicht mehr als 240 Stunden (bei Jugendlichen 120 Stunden) gemeinnützige Arbeit im Rahmen einer Diversion geleistet werden. Auf die Berufstätigkeit oder Ausbildung des Angeklagten ist Rücksicht zu nehmen. Auch in diesem Fall sollte eine Schadenswidergutmachung erfolgen.
Probezeit: Im Rahmen einer Diversion kann bei Setzung einer Probezeit von bis zu 2 Jahren von der Strafverfolgung abgesehen werden. Zugleich werden meist andere Verpflichtungen festgelegt, wie bspw. der Besuch einer Entziehungsanstalt oder die Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer.
Außergerichtlicher Tatausgleich: Im Rahmen eines außergerichtlichen Tatausgleichs werden Sozialarbeiter dazu eingesetzt, mit dem Täter und Opfer in Gesprächen die Konfliktthemen zu klären und mit beiden Parteien verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Die Schadenswidergutmachung und Bereitschaft des Täters zukünftig derartige Handlungen zu unterlassen stehen dabei im Mittelpunkt. Ist das Opfer nicht bereit, an derartigen Gesprächen teilzunehmen, kann eine solche Diversionsmaßnahme nicht beschlossen werden. Ist der Täter unter 21 Jahren alt, ist die Zustimmung des Opfers aber nicht notwendig.
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