Abzugsfähigkeit von Schadenersatzzahlungen und (Straf-)Verteidigungskosten

Betrieblich/beruflich veranlasste Schadenersatzzahlungen und Verteidigungskosten können unter bestimmten Voraussetzungen abzugsfähig sein.

Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen und Ausgaben ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Grundsätzlich ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie des Freibetrags (§ 2 Abs 2 EStG). 


Welche Ausgaben sind abzugsfähig?


Abzugsfähig sind Aufwendungen und Ausgaben, die durch den Betrieb oder Beruf veranlasst sind (§ 4 Abs 4 EStG), sofern sie keinem Abzugsverbot (siehe unten) unterliegen.


Beispiele für betriebliche Veranlassung:


Ein Bankfilialleiter behob sukzessive mehrere 100.000 Euro von Kundenkonten und erwarb mit den Geldern hochspekulative Aktien und finanzierte sich Urlaube. Der VwGH bejaht unter Verweis auf ältere Rechtsprechung die grundlegende berufliche Veranlassung (und somit Einordnung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit), wenn die Einnahmen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben. In diesem Fall hat der Bankfilialleiter eine ihm durch das Dienstverhältnis gebotene Gelegenheit genutzt (Veruntreuung, Untreue) (VwGH 31.07.2013, 2009/13/0194).


In einem anderen Fall hingegen, in dem ein Rechtsanwalt eine Bürgschaft für einen Kredit im Zuge eines Liegenschaftskaufs übernahm, verneinte der VwGH eine betriebliche bzw berufliche Veranlassung, weil diese Tätigkeit nicht zum typischen Berufsbild gehört (VwGH 19.05.1994, 92/15/0171).


Welche Ausgaben sind jedenfalls nicht abzugsfähig?


Jedenfalls nicht abzugsfähig sind die in § 20 EStG und § 12 KStG aufgezählten Aufwendungen und Ausgaben. Im Zusammenhang mit Schadenersatzzahlungen und Verteidigungskosten ist § 20 Abs 1 Z 5 EStG bzw im betrieblichen Bereich § 12 Abs 1 Z 4 KStG relevant. Nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind demnach:

 

Ebenfalls nicht abzugsfähig sind nach der Judikatur Disziplinarstrafen (VwGH 30.10.2014, 2011/15/0137).


Somit fallen Schadenersatzzahlungen und Verteidigungskosten nicht explizit unter das Abzugsverbot und es stellt sich die Frage, wie diese steuerlich einzuordnen sind.


Abzugsfähigkeit von Schadenersatzzahlungen


Zahlungen zur Schadensgutmachung können als Betriebsausgaben (§ 4 Abs 4 EStG) bzw als Werbungskosten (§ 16 Abs 1 EStG) abzugsfähig sein. Voraussetzung für eine solche Einordnung einer Schadensgutmachung ist, dass die Zahlung einem Schadenersatz entspricht, der an den Geschädigten zu leisten ist und somit keine Geldbuße oder (diversionelle) Leistung (iSd § 198 Abs 1 StPO) darstellt, die zu Gunsten des Bundes gezahlt wird und das Fehlverhalten, das zur Schadenersatzzahlung führte, betrieblich bzw beruflich veranlasst war, dh der betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist.


Beispiele:


Ein Geschäftsleiter einer Bank vergab Kredite an den Neffen seiner Ehefrau und gewährte eine Zinsfreistellung für drei Jahre. Der VwGH bejahte die Abzugsfähigkeit des an den Arbeitgeber (die Bank) gezahlten Zinsschadens. Der Geschäftsleiter habe nicht nachweisbar wegen der Person des Kreditnehmers bewusst pflichtwidrig gehandelt. Vorwerfbar sei ihm nur, dass keine durchgehende Dokumentation der kompetenzmäßig legitimierten Entscheidung vorgelegen habe. Somit fällt das Fehlverhalten in die berufliche Sphäre (VwGH 01.06.2017, Ra 2015/15/0070).


Ein Maschinentechniker erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer Funktion in einer österreichischen GmbH. In dieser Funktion stellte er einer liechtensteinischen AG, bei der er nichtselbständig tätig war, Rechnungen für nicht gelieferte Dokumentationsleistungen aus. Die daraus folgende Schadenersatzzahlung ordnete der VwGH als betrieblich veranlasste Werbungskosten ein, solange der Maschinentechniker von den unrechtmäßig gezahlten Zahlungen profitierte, diese also auch im Rahmen seiner Einkünfte erfasst wurden (VwGH 28.04.2011, 2008/15/0259).
Ein Geschäftsführer einer GmbH ließ ohne die erforderliche Zustimmung Bankgarantien zugunsten einer langjährigen Geschäftspartnerin ausstellen. Nach deren Inanspruchnahme verlangte die GmbH Schadenersatz mit der Begründung, er habe pflichtwidrig gehandelt. Der Geschäftsführer machte diese Schadenersatzzahlungen als Werbungskosten geltend. Der VwGH entschied, dass Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar sind, wenn das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt wird. Hier war das Verhalten des Geschäftsführers beruflich veranlasst und die Schadenersatzzahlungen daher abzugsfähig (VwGH 27.07.2019, Ra 2019/15/0063).


Abzugsfähigkeit von (Straf-)Verteidigungskosten


Jedenfalls steuerlich abzugsfähig sind Verteidigungs- und Prozesskosten, wenn das Verfahren mit einem Freispruch endet oder wegen eines Strafaufhebungsgrundes (Verjährung oder Tod) eingestellt wird.


Zusätzlich können Verteidigungskosten als Betriebsausgaben (§ 4 Abs 4 EStG) abzugsfähig sein, wenn

 

  1. die im Strafverfahren zur Last gelegte Handlung mit der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit im ursächlichen Zusammenhang gestanden ist, die Handlung also im ausschließlichen betrieblichen Interesse ausgeführt wurde und
  2. ein Kausalzusammenhang zwischen den Betriebs- und den Verteidigungskosten besteht, dh die vorgeworfenen Handlungen auf die Umsatz- und Gewinnmaximierung des Betriebs abstellen.

Beispiele:


Einem Prokuristen wurden von der Staatsanwaltschaft mehrere strafbare Delikte im Zusammenhang mit seiner Funktion zur Last gelegt. Aufgrund der Kronzeugenregelung (§ 209a StPO) trat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurück. Das BFG hielt fest, dass Rechtsanwaltskosten Betriebsausgaben/Werbungskosten sein können, wenn diese Aufwendungen betrieblich/beruflich veranlasst sind. Lt dem VwGH komme es darauf an, ob ein Zusammenhang mit steuerlichen Einkünften besteht, die auch aus dem Fehlverhalten resultieren können (VwGH 29.05.2024, Ra 2023/15/0036).
In einem Erkenntnis vom 22.03.2018 beurteilte der VwGH die aus einem EU-Kartellverfahren entstandenen Strafverteidigungskosten sowie die darauf entfallende Vorsteuer als steuerlich abzugsfähig. Der VwGH begründete das damit, dass die Versagung der Qualifikation von Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben nicht damit begründet werden kann, dass der Strafzweck dadurch (teilweise) vereitelt werden würde (VwGH 22.03.2018, Ro 2017/15/0001).


Auf den Punkt gebracht:


Schadenersatzzahlungen oder Verteidigungskosten, die aufgrund einer Handlung im ausschließlich betrieblichen Interesse getätigt werden, dürfen steuerlich abgesetzt werden. Ob das Fehlverhalten wirklich im ausschließlichen betrieblichen bzw beruflichen Interesse gesetzt wurde, ist eine schwierige Grenzziehung, die im Einzelfall beurteilt werden muss. 

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Dr. Caroline Kindl (KINDL.trusted)

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