Zu aller erst sollte klargestellt werden, wann es zu einem Verkehrsunfall kommt und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen. Laut OGH 5 Ob 281/64 versteht man unter einem Unfall ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Kraft einwirkendes Ereignis. Der Verwaltungsgerichtshof hat in 2000/03/0264 festgelegt, dass unter einem Verkehrsunfall jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen ist, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat. Aus den Definitionen resultieren Rechte und Pflichten für Beteiligte, die direkte Auswirkungen auf die Unfallstelle und die Rechtsbeziehungen der Beteiligten haben.
Bei einem Verkehrsunfall ist nach § 4 StVO besonders wichtig, dass alle Personen, deren Verhalten mit dem Unfall in Zusammenhang steht, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten haben. Zudem müssen sie durch notwendige Maßnahmen vermeiden, dass als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Sachen oder Personen entstehen. Weiters müssen sie an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirken. Ist es durch den Unfall zu Verletzungen von Personen gekommen, sind die in Abs. 1 erwähnten Personen laut Abs. 2 dazu verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten. Wenn sie nicht dazu fähig sind, müssen sie dafür sorgen, dass fremde Hilfe zur Verfügung steht. Aus § 4 StVO ergeben sich also eine Anhaltepflicht, eine Absicherungspflicht und eine Mitwirkungspflicht, welche nochmal näher erklärt werden.
Bei der Anhaltepflicht ist zu beachten, dass zwei Merkmale kumulativ vorliegen müssen, nämlich das objektive Tatbestandsmerkmal und das subjektive Tatbestandsmerkmal. Das objektive Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn zumindest ein Sachschaden eingetreten ist und das subjektive Tatbestandsmerkmal, wenn das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens vorliegt. Dies tritt grundsätzlich schon ein, wenn bereits die Möglichkeit der Wahrnehmung erfolgt. Das Anhalten des Fahrzeuges bewirkt, dass weitere Maßnahmen nach StVO zu setzen sind.
Auf die Anhaltepflicht folgt die Absicherungspflicht. Sie dient der Vermeidung weiterer Schäden und beinhaltet Ladungssicherung, das Beseitigen von Trümmern, die Sicherung gegen Abrollen des Fahrzeuges und das Aufstellen einer Warneinrichtung, wie einem Pannendreieck. Bei der Ladungssicherung ist Vorsicht geboten. Je nach Ladungsgut muss abgewogen werden, ob möglicherweise die Unterstützung der Feuerwehr angefordert werden sollte oder nicht. Weiters kann es sich um Gefahrengut handeln, wofür eigene Regeln vorgesehen sind.
Das Aufstellen eines Pannendreiecks ist in § 89 StVO geregelt und setzt voraus, dass es sich um eine Freilandstraße, eine Autobahn oder Autostraße handelt, auf der ein mehrspuriges Fahrzeug aufgrund eines Unfalls oder einer Panne bei durch Witterung bedingter schlechter Sicht, Dämmerung oder Dunkelheit zum Stillstand gekommen ist. Treten diese Erfordernisse ein, muss der Lenker diesen Umstand unverzüglich den anderen Lenkern durch das Aufstellen einer Warneinrichtung anzeigen.
Eine Pflicht besteht also bei Vorliegen folgender Voraussetzungen: Mehrspuriges Fahrzeug; Freilandstraße (+Autobahn oder Autostraße); unübersichtliche Stelle, schlechte Sicht, Dämmerung oder Dunkelheit; Verkehrshindernisse auf der Fahrbahn. Empfohlen wird, auch im Ortsgebiet ein Pannendreieck aufzustellen, um nachfolgende Autofahrer zu warnen. Für die Entfernung sollte beachtet werden, dass ab Erkennen des Dreiecks für einen Dritten jedenfalls genug Zeit und Platz zum Ausweichen gegeben ist. Eine fixe Angabe in Metern gibt es nicht. Das Pannendreieck muss lediglich in der Nähe des Fahrbahnrandes auf der Fahrbahnseite aufgestellt werden, auf der das Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist.
Ein weiterer Punkt, der bei der Absicherungspflicht beachtet werden muss, ist die Warnweste. Auf Freilandstraßen, Autostraßen und Autobahnen besteht immer eine Warnwestenpflicht, während im Ortsgebiet keine getragen werden muss. Zudem muss es zu einer Panne oder einen Unfall gekommen sein und sich um eine unübersichtliche Straßenstelle, Schlechte Sicht, Dämmerung oder Dunkelheit handeln. Die Tragepflicht beginnt ab Verlassen des Fahrzeuges und gilt auch dann, wenn man sich auf einem Pannenstreifen bewegt. Laut Gesetz besteht nur für den Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges die Pflicht, eine Warnweste mitzuführen.
Exkurs: Was ist bei einem Unfall mit Gefahrgütertransporten zu beachten?
Bei der Beförderung von Gefahrenguttransporten müssen schriftliche Weisungen mitgeführt werden, die Verhaltensweisen für Unfälle enthalten, da diese Stoffe oder Gegenstände aufgrund ihrer Eigenschaften eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Tieren, Menschen, Sachen und die Umwelt darstellen können. Gekennzeichnet werden solche Gefahrguttransporte mittels rechteckigen Tafeln („Placards“), die sowohl auf der Vorder- als auch Rückseite des Fahrzeuges montiert sind.
Die Mitwirkungspflicht, die in § 4 Abs. 1 lit c StVO geregelt ist, umfasst verschiedene Pflichten der Unfallbeteiligten, die nach dem Verkehrsunfall zur Aufklärung des Sachverhalts helfen sollen.
Sie verbietet unter anderem, Endpositionen der Fahrzeuge zu verändern, außer das Verschulen ist klar und ohne Schwierigkeiten rekonstruierbar. Dies wäre der Fall, wenn eindeutige Bremsspuren auf der Fahrbahn zu erkennen sind. Außerdem ist es verboten, nach dem Unfall Alkohol zu trinken, und zwar solange bis die Tatbestandsaufnahme abgeschlossen wurde. Unter die Tatbestandsaufnahme fällt nämlich auch die Feststellung einer möglichen Alkoholisierung während des Lenkens des Fahrzeuges.
Laut § 4 Abs. 2 StVO müssen unfallbeteiligte Personen Hilfe leisten, wenn Personen verletzt wurden, außer es besteht objektive Unmöglichkeit. Die subjektive Unmöglichkeit, oder auch Unfähigkeit genannt, liegt nur für einzelne Maßnahmen vor. Wird einem beim Anblick von Blut übel, muss er trotzdem unverzüglich fremde Hilfe organisieren, wie die Verständigung der Rettungskräfte.
Bekommt ein Zeuge einen Verkehrsunfall mit und leisten die nach Abs. 2 verpflichteten Personen nicht die Hilfe, die erforderlich wäre, so ist auch der Zeuge dazu verpflichtet, den Verletzten Hilfe zu leisten. Dies ist aber nur dann vorgeschrieben, wenn der Zeuge dadurch keiner Gefahr ausgesetzt wird und es zu keiner Verletzung anderer bedeutender Interessen kommt. Wenn er/sie selbst nicht Hilfe leisten kann, muss er/sie zumindest dafür sorgen, dass Hilfe geholt wird. Auch Personen, die den Unfall zwar nicht unmittelbar von Beginn an verfolgen konnten, jedoch später dazu stoßen und die Folgen des Unfalls miterleben, haben die gleichen Verpflichtungen wie Zeugen. Ist die eigene Hilfeleistung oder eine etwaige Besorgung fremder Hilfe nicht mehr notwendig, entfallen deren Verpflichtungen.
Ist es zu einem Personenschaden gekommen, muss sofort die nächste Polizeidienststelle verständigt werden. Selbst kleinere Verletzungen wie Hautabschürfungen reichen für die Meldepflicht aus. Sie besteht demnach auch bei Vorliegen „nicht nennenswerter“ Verletzungen laut OGH 7 Ob 115/75. Wenn jedoch ein von einem Verkehrsunfall Betroffener Verletzungen davongetragen hat, muss er selbst nicht die nächstgelegene Polizeidienststelle verständigen.
Die Meldung muss sofort nach Hilfeleistung erfolgen, ob über telefonischen Weg oder einen Boten ist unbeachtlich. Bevor etwaige Schadensfeststellungen oder Erörterungen der Verschuldensfrage folgen, hat die Meldung an die Polizeistelle jedenfalls Vorrang. Gemäß höchstgerichtlicher Judikatur ist eine halbe Stunde schon zu spät (VwGH 85/03/0164).
Die Verständigungspflicht entfällt, wenn keine Verletzungen erkennbar sind und auch von keinem anderen Unfallbeteiligten behauptet werden. Geltend ist dies nur dann, wenn keine Kinder oder Betrunkene nach Verletzungen gefragt werden, bei denen aufgrund des äußeren Anscheins angenommen werden muss, dass sie den Ernst der Lage nicht erkennen.
Bei Sachschäden hingegen liegt eine solche Verpflichtung der Verständigung der nächsten Polizeidienststelle nicht vor, wenn die in Abs. 1 genannten Personen am Unfallort einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Wird dies nicht getan, muss der Unfall trotzdem gemeldet werden. Die Meldepflicht setzt sich aus zwei Merkmalen zusammen, die gemeinsam vorliegen müssen, damit eine Pflicht entsteht. Diese Merkmale wurden bereits bei der Anhaltepflicht thematisiert. Sie bestehen zum einem aus dem objektiven und zum anderen aus dem subjektiven Tatbestandsmerkmal. Entsteht ein Schaden nur am eigenen Fahrzeug, kommt es zu keiner Auslösung der Meldepflicht. Sind jedoch Haustiere oder Wild in den Unfall verwickelt, muss dies an die Polizei weitergegeben werden. Wildunfällen können auch noch weitere Meldepflichten bewirken.
Werden einander Name und Anschrift nachgewiesen, entfällt die Meldepflicht in solchen Fällen. Ausgetauscht und übergeben werden sollten folgende Informationen: Kfz-Kennzeichen; Name, Anschrift, Telefonnummer; Haftpflichtversicherung und Polizzennummer.
Die Strafbestimmungen bei Zuwiderhandeln des Gesetzes sind in § 99 Abs. 2 lit a StVO enthalten. Geldstrafen in der Höhe von bis zu EUR 2.180,00 bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit Freiheitsstrafen bis zu sechs Wochen sind möglich. Kommt man nun zu einer Unfallstelle, sollte man vor allem Ruhe bewahren und sich an Anhaltepflicht, Absicherungspflicht und Mitwirkungspflicht erinnern. Besonders wichtig ist, dass nicht auf die Verständigung der nächsten Polizeidienststelle vergessen wird. So sollte die Absicherung einer Unfallstelle reibungslos ablaufen.
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